UA 04/06 ai-Index:
MDE 13/001/2006 6.
Januar
2006
DROHENDE
HINRICHTUNG/ RECHTSLAGE
Iran: Frau
Delara Darabi, 19 Jahre alt
Die 19-jährige Delara Darabi ist in unmittelbarer Gefahr,
wegen eines Mordes hingerichtet zu werden, den sie im Alter von 17 Jahren
begangen haben soll. Sie beteuert jedoch ihre Unschuld. Der Iran ist
Unterzeichnerstaat verschiedener internationaler Abkommen, welche die
Todesstrafe gegen zum Tatzeitpunkt noch minderjährige Personen ausdrücklich
verbieten.
Nach Angaben der persischsprachigen Nachrichtenagentur
„Aftab“ brachen Delara Darabi und der damals 19-jährige Amir Hossein in das
Haus einer Frau ein. Amir Hossein soll die Frau während des Einbruchs ermordet
haben. Delara Darabi „gestand“ den Mord zunächst, zog ihr „Geständnis“ später
aber wieder zurück. Ihren Angaben zufolge hatte Amir Hossein sie darum gebeten,
die Verantwortung für den Mord zu übernehmen, um ihn vor der Hinrichtung zu
bewahren. In der Annahme, dass sie als Minderjährige nicht zum Tode verurteilt
werden könnte, willigte sie ein.
Delara Darabi wurde von einem niederinstanzlichen Gericht
in Rasht im Norden des Iran zum Tode verurteilt. Der Oberste Gerichtshof soll
das Urteil bestätigt haben. Delara Darabi beteuert weiterhin ihre Unschuld und
hat angegeben, während des Einbruchs unter dem Einfluss von Beruhigungsmitteln
gestanden zu haben. Die oberste Justizautorität des Landes hat nun die
Befugnis, einen Aufschub der Hinrichtung und eine Überprüfung des Falls
anzuordnen. Berichten zufolge wurde Amir Hossein wegen der Beteiligung an dem
Einbruch zu einer Freiheitstrafe von zehn Jahren verurteilt.
HINTERGRUNDINFORMATIONEN
Als
Vertragsstaat des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische
Rechte sowie des Übereinkommens über die Rechte des Kindes hat sich
der Iran dazu verpflichtet, keine zum Zeitpunkt der Tat minderjährigen
Straftäter hinzurichten. Dennoch sind im Iran seit 1990 mindestens 18
jugendliche Straftäter hingerichtet worden. Allein im Jahr 2005 wurden
mindestens acht zum Tatzeitpunkt minderjährige Personen exekutiert, darunter
zwei, die auch bei der Hinrichtung noch unter 18 Jahre alt waren, obwohl der
UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes den Iran im Januar 2005 aufgefordert
hatte, diese Praxis umgehend einzustellen. Die jüngste Hinrichtung eines jugendlichen
Straftäters, Rostam Tajik, fand am 10. Dezember 2005 statt ‑ am von den
Vereinten Nationen ausgerufenen Tag der Menschenrechte (siehe auch UA 306/05
vom 6. Dezember 2005 und 12. Dezember 2005).
Am 9. Dezember 2005 forderte der UN-Sonderberichterstatter über extralegale, summarische oder willkürliche Hinrichtungen, Philip Alston, die iranischen Behörden dazu auf, die Hinrichtung von Rostam Tajik auszusetzen. Er sagte: „In unserer Zeit, in der praktisch alle anderen Länder auf der Welt Hinrichtungen von minderjährigen Straftätern verurteilen, ist die iranische Vorgehensweise völlig inakzeptabel. Die iranische Haltung ist nicht nachvollziehbar, nicht nur weil sich die Verpflichtung, solche Hinrichtungen einzustellen von selbst versteht, sondern auch weil die iranische Regierung selbst die Beendigung dieser Praxis schon angekündigt hat“.
In
den vergangenen vier Jahren sind im Iran immer wieder Gesetzesänderungen und
die Abschaffung dieser Exekutionen erwogen worden, aber dennoch ist in den
vergangenen zwei Jahren die Zahl der Hinrichtung minderjähriger Straftäter
gestiegen. Ein Justizsprecher ließ kürzlich verlauten, dass in einem neuen
Gesetzentwurf die Abschaffung der Todesstrafe für minderjährige Straftäter nur
für bestimmte Vergehen eingeführt werden sollte.
EMPFOHLENE AKTIONEN: Schreiben Sie bitte E-Mails, Telefaxe oder Luftpostbriefe,
in denen Sie
· die Behörden auffordern, das
gegen Delara Darabi verhängte Todesurteil
sofort umwandeln;
· die iranischen Behörden an die
völkerrechtliche Verpflichtung des Landes als Unterzeichnerstaat des Internationalen
Paktes über bürgerliche und politische Rechte (Artikel 6(5): „Die
Todesstrafe darf für strafbare Handlungen, die von Jugendlichen unter 18 Jahren
begangen worden sind, nicht verhängt ... werden.“) erinnern;
· nach Details des
Gerichtsverfahrens gegen Delara Darabi fragen und sich erkundigen, ob sie einen
rechtlichen Beistand hatte und Rechtsmittel gegen ihre Verurteilung eingelegt
wurden;
· Ihre Sorge darüber äußern, dass
Delara Darabi den Mord nur „gestanden“ hat, um ihren Mitangeklagten zu
schützen;
· die iranischen Behörden
auffordern, die Empfehlungen des Ausschusses über die Rechte des Kindes der
Vereinten Nationen umzusetzen, der den Iran im Januar 2005 aufforderte, die
Vollstreckung von verhängten Todesstrafen für Personen
sofort auszusetzen, die Straftaten vor Vollendung des 18. Lebensjahres begangen haben, und
forderte, dass die Todesstrafe nicht bei
Straftaten verhängt werden darf, die von Personen vor Vollendung des 18.
Lebensjahres begangen worden sind, wie es Artikel 37 der
UN-Kinderrechtskonvention vorsieht;
· erklären, dass amnesty
international das Recht und die Verantwortung von Regierungen anerkennt,
diejenigen, die eines kriminellen Vergehens verdächtigt werden, vor Gericht zu
stellen, aber die Todesstrafe ablehnt, da sie eine grausame, unmenschliche und
erniedrigende Strafe darstellt.
APPELLE AN:
His Excellency
Ayatollah Sayed 'Ali Khamenei, Leader of the Islamic Republic, The Office of
the Supreme Leader, Shoahada Street, Qom, IRAN
(Religionsführer - korrekte englische Anrede: Your Excellency)
Telefax: (00 98) 25-177 742 228 („For
the attention of His Excellency, Ayatollah al Udhma Khamenei“)
E-Mail: info@leader.ir, istiftaa@wilayah.org
His Excellency
Ayatollah Mahmoud Hashemi-Shahroudi, Head of the Judiciary, Ministry of
Justice, Park-e Shahr, Tehran, IRAN (oberste Justizautorität - korrekte Anrede:
Your Excellency)
E-Mail: irjpr@iranjudiciary.org ("Please
forward to His Excellency Ayatollah Shahroudi")
oder über die Internetseite: www.iranjudiciary.org/feedback_en.html
KOPIEN AN:
Gholamali Haddad Adel, Majles-e Shura-ye Eslami,
Telefax: (00 98) 21-646 1746
Botschaft der Islamischen Republik Iran; S.E. Herr Seyed Mohsen Nabavi, ao. u. bev. Botschafter
Strohgasse 14 c, A-1030 Wien
Tel: +43-1-712
26 50, +43-1-712 26 57; Fax: +43-1-713 57 33, +43-1-713 46 94; Telex: 131 718;
E-Mail: public@iranembassy-wien.at;
Bitte
schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Persisch,
Englisch, Französisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions
schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 17. Februar
2006 keine Appelle mehr zu verschicken.
Textvorschlag:
(Der Textvorschlag ist nur als Anregung gedacht. Falls Ihre
Fremdsprachenkenntnisse ausreichen, dann verfassen Sie das Appellschreiben
bitte selbst! Je individueller die Briefe sind, desto besser!)
(Entsprechende Anrede),
I am writing because I am seriously concerned about the
legality and rightfulness of the proceedings against DELARA DARABI, who is at
risk of execution for a murder committed when she was 17 years old.
I urge your country’s authorities to commute the death
sentence imposed on Delara Darabi immediately. Your country has made a
commitment to the International Covenant on Civil and Political Rights, which
states that “sentence of death shall not be imposed for crimes committed by
persons below eighteen years of age”.
What startles me even more is that I have heard reports that
Delara Darabi confessed to the murder in question only to protect her
co-accused, who was aged over 18 at the time when the crime was committed.
Please make public details of her trial and any appeals.
Furthermore, I call on your country’s authorities to
implement the recommendations of the United Nations Committee on the Rights of
the Child, which called on Iran in January 2005 to “immediately suspend the
execution of all death penalties imposed on persons for having committed a
crime before the age of 18, and to abolish the death penalty as a sentence
imposed on persons for having committed crimes before the age of 18, as
required by article 37 of the Convention”.
I acknowledge that governments have a responsibility to
bring to justice those suspected of criminal offences such as murder, but I
oppose the death penalty unconditionally. It is the ultimate cruel, inhuman and
degrading punishment and violation of the right to life.
I hope you understand my motivations for writing this letter
and see the immediate necessity for action on your side.
Yours respectfully,