UA 4/06-1                                         ai-Index: MDE 13/084/2006                                          1. August 2006

 

Weitere Informationen zu UA 4/06 (MDE 13/001/2006, 6. Januar 2006)

 

 

DROHENDE HINRICHTUNG/ RECHTSLAGE

 

 

Iran:                                        Frau Delara Darabi, 19 Jahre alt

 

Die 19-jährige Delara Darabi ist in einem Wiederaufnahmeverfahren erneut zum Tode verurteilt worden. Sie ist nun in unmittelbarer Gefahr, wegen eines Mordes hingerichtet zu werden, den sie im Alter von 17 Jahren begangen haben soll.

 

Delara Darabi war ursprünglich von einem niederinstanzlichen Gericht in Rasht im Norden des Iran zum Tode verurteilt worden. Presseberichten zufolge soll der Oberste Gerichtshof das Urteil bestätigt haben. Jüngste Berichte deuten jedoch darauf hin, dass die Abteilung 33 des Obersten Gerichtshofs das Urteil im Januar 2006 aufgehoben und ein Wiederaufnahmeverfahren angeordnet hat. Es ist nicht bekannt, ob die Neuverhandlung vor der Abteilung 107 des Jugendstrafgericht oder dem Gericht in Rasht stattfand. Den amnesty international vorliegenden Informationen zufolge wurde Delara Darabi nach zwei Gerichtsterminen im Januar 2006 und am 15. Juni 2006 erneut zum Tode verurteilt.

 

Berichten zufolge waren Delara Darabi und der damals 19-jährige Amir Hossein in das Haus einer Frau eingebrochen. Amir Hossein soll die Frau während des Einbruchs ermordet haben. Delara Darabi „gestand“ den Mord zunächst, zog ihr „Geständnis“ später aber wieder zurück. Ihren Angaben zufolge hatte Amir Hossein sie darum gebeten, die Verantwortung für den Mord zu übernehmen, um ihn vor der Hinrichtung zu bewahren. In der Annahme, dass sie als Minderjährige nicht zum Tode verurteilt werden könnte, willigte sie ein. Der Iran ist Unterzeichnerstaat verschiedener internationaler Abkommen, welche die Todesstrafe gegen zum Tatzeitpunkt noch minderjährige Personen ausdrücklich verbieten.

 

HINTERGRUNDINFORMATIONEN

 

Als Vertragsstaat des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte sowie des Über­einkommens über die Rechte des Kindes hat sich der Iran dazu verpflichtet, keine zum Zeitpunkt der Tat minderjährigen Straftäter hinzurichten. Dennoch sind im Iran seit 1990 mindestens 18 jugendliche Straftäter hingerichtet worden. Allein im Jahr 2005 wurden mindestens acht zum Tatzeitpunkt min­derjährige Personen exekutiert, darunter zwei, die auch bei der Hinrichtung noch unter 18 Jahre alt waren, obwohl der UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes den Iran im Januar 2005 aufgefordert hatte, diese Praxis umgehend einzustellen. Die erste Hinrichtung eines jugendlichen Straftäters im Jahr 2006 fand am 13. Mai in Khorramabad, der Hauptstadt der iranischen Provinz Lorestan, statt. An diesem Tag wurden ein 17-jähriger Jugendlicher und ein 20-Jähriger gehenkt, nachdem sie Berichten zufolge wegen der Vergewaltigung und Ermordung eines zwölfjährigen Jungen zum Tode verurteilt worden waren.

 

Im Iran werden nach wie vor zur Tatzeit Minderjährige hingerichtet. So wurde am 3. Januar 2006 die 18-jährige Nazanin von einem Strafgericht wegen Mordes zum Tode verurteilt, nachdem sie gestan­den haben soll, im März 2005 einen der drei Männer erstochen zu haben, die versucht hatten, sie und ihre 16-jährige Nichte in einem Park in Karaj zu vergewaltigen. Sie war damals 17 Jahre alt (siehe ai-Länderbericht. Iran: Amnesty International calls for end to death penalty for child offenders, MDE 13/005/2006, 16 January 2006). Ende Mai 2006 hob der Oberste Gerichtshof das gegen Nazanin verhängte Todesurteil auf – dem Vernehmen nach auf Anweisung der Obersten Justizautorität des Iran, Ayatollah Mahmoud Hashemi Shahroudi. Wie es heißt, wird der Fall im August dieses Jahres neu verhandelt, und ein niederinstanzliches Gericht wurde mit weiteren Ermittlungen beauftragt.

 

Im März dieses Jahres wurde der 18-jährige Mehdi Berichten zufolge zum Tode verurteilt, nachdem man ihn für schuldig befunden hatte, zwei Jahre zuvor im Alter von 16 oder 17 Jahren in Robat Karim in der Provinz Teheran einen Mann getötet zu haben. Sein Bruder erhielt wegen der Beteiligung an der Tat eine Haftstrafe.

 

Ein Mann namens Mohammad wurde von der Abteilung 71 des Teheraner Strafgerichts wegen eines Mordes, den er im Alter von 16 Jahren begangen haben soll, zum Tode verurteilt. Er war jedoch ursprünglich von einem Jugendgericht zu fünf Jahren Gefängnis und der Zahlung eines sogenannten „Blutgeldes“ verurteilt worden. Als Mohammad zwei Jahre später das 18. Lebensjahr vollendet hatte, erklärte der Oberste Gerichtshof, da er nun volljährig sei, könne er vor ein Strafgericht gestellt werden, welches ihn daraufhin zum Tode verurteilte. Das Urteil wurde im April 2006 dem Obersten Gerichtshof zur Bestätigung vorgelegt. Dieser hob das Todesurteil mit der Begründung auf, der Verurteilte habe das Verbrechen begangen, als er noch minderjährig gewesen sei.

 

EMPFOHLENE AKTIONEN: Schreiben Sie bitte weitere E-Mails oder Luftpostbriefe, in denen Sie

 

·       die Behörden auffordern, das gegen Delara Darabi verhängte Todesurteil sofort umwandeln;

·       die iranischen Behörden an die völkerrechtliche Verpflichtung des Landes als Unterzeichnerstaat des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte erinnern (Artikel 6(5): „Die Todesstrafe darf für strafbare Handlungen, die von Jugendlichen unter 18 Jahren begangen worden sind, nicht verhängt ... werden.“);

·       sich nach Details des Gerichtsverfahrens gegen Delara Darabi und eventueller Berufungsverfahren erkundigen;

·       Ihre Sorge darüber äußern, dass Delara Darabi den Mord nur „gestanden“ hat, um ihren Mitangeklagten vor der Todesstrafe zu bewahren;

·       die iranischen Behörden auffordern, die Empfehlungen des Ausschusses über die Rechte des Kindes der Vereinten Nationen umzusetzen, der den Iran im Januar 2005 aufforderte, die Vollstreckung von verhängten Todesstrafen für Personen sofort auszusetzen, die Straftaten vor Vollendung des 18. Lebensjahres begangen haben, und verlangte, dass die Todesstrafe nicht bei Straftaten verhängt werden darf, die von Personen vor Vollendung des 18. Lebensjahres begangen worden sind, wie es Artikel 37 des UN-Übereinkommens über die Rechte des Kindes vorsieht;

·       erklären, dass amnesty international das Recht und die Verantwortung von Regierungen anerkennt, diejenigen, die einer Straftat verdächtigt werden, vor Gericht zu stellen, aber die Todesstrafe ablehnt, da sie eine Verletzung des Rechts auf Leben und die schlimmste Form der grausamen, unmenschlichen und erniedrigenden Strafe darstellt.

 

APPELLE AN:

 

His Excellency Ayatollah Sayed 'Ali Khamenei

Leader of the Islamic Republic, The Office of the Supreme Leader, Shoahada Street, Qom, IRAN
(Religionsführer - korrekte englische Anrede: Your Excellency)
E-Mail: info@leader.ir, istiftaa@wilayah.org

 

His Excellency Ayatollah Mahmoud Hashemi-Shahroudi

Head of the Judiciary, Ministry of Justice, Park-e Shahr, Tehran, IRAN (oberste Justizautorität - korrekte Anrede: Your Excellency)
E-Mail: über die Internetseite: www.iranjudiciary.org/feedback_en.html

 

KOPIEN AN:

 

Botschaft der Islamischen Republik Iran

S.E. Herr  Seyed Mohsen Nabavi, ao. u. bev. Botschafter

Strohgasse 14 c, A-1030 Wien

Tel.: 712 26 50, 712 26 57

Fax: 713 57 33, 713 46 94

Telex: 131 718

E-mail: public@iranembassy-wien.at

 

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Persisch, Englisch, Französisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 12. September 2006 keine Appelle mehr zu verschicken.

Textvorschlag:

 

(Der Textvorschlag ist nur als Anregung gedacht. Falls Ihre Fremdsprachenkenntnisse ausreichen, dann verfassen Sie das Appellschreiben bitte selbst! Je individueller die Briefe sind, desto besser!)

 

Your Excellency,

 

I am writing to urge to commute the death sentence imposed on DELARA DARABI immediately.

 

DELARA DARABI has reportedly been sentenced to death for a second time after her case was retried. She is at risk of imminent execution for a murder that took place when she was 17 years old.

 

I would like to remind you of Iran’s commitment to the International Covenant on Civil and Political Rights which states that “sentence of death shall not be imposed for crimes committed by persons below eighteen years of age”.

 

Furthermore, I would like to have details of her trial and any appeals.

 

Moreover, I express my concern at reports that DELARA DARABI confessed to the murder in order to protect her co-accused.

 

I call on the Iranian authorities to implement the recommendations of the United Nations Committee on the Rights of the Child, which called on Iran in January 2005 to “immediately suspend the execution of all death penalties imposed on persons for having committed a crime before the age of 18, and to abolish the death penalty as a sentence imposed on persons for having committed crimes before the age of 18, as required by article 37 of the Convention”.

 

Finally, I acknowledge that governments have a responsibility to bring to justice those suspected of criminal offences such as murder, but I also wish to state my unconditional opposition to the death penalty, as the ultimate cruel, inhuman and degrading punishment and violation of the right to life.

 

I thank you in advance for your time on this urgent matter.

 

Yours truly,

 

HOME