UA 257/06 ai-Index: MDE 13/113/2006 28.
September 2006
TODESSTRAFE
DROHENDE HINRICHTUNG DURCH STEINIGUNG
Iran: zum Tode verurteilte Frauen (vollständige
Namen sind ai bekannt):
Parisa
Iran
Khayrieh
Shamameh Ghorbani (alias
Malek)
Kobra Najjar. 44 Jahre alt
Soghra Mola'i
Fatemeh
Die sieben oben
genannten Frauen sind in Gefahr, durch Steinigung hingerichtet zu werden.
Parisa
wurde im April 2004 festgenommen, als sie in der Stadt Shiraz
im Süden Irans als Prostituierte arbeitete. Im Zuge der Vorermittlungen
bekannte sie sich des Ehebruchs für schuldig und gab an, von ihrem Ehemann zur
Prostitution gezwungen worden zu sein, weil die Familie verarmt sei. Während
des Gerichtsverfahrens im Juni 2004 zog Parisa ihr
Geständnis wieder zurück. Trotzdem wurde sie vor der 5. Abteilung des
Strafgerichts der Provinz Fars zum Tod durch
Steinigung verurteilt. Die 32. Abteilung des Obersten Gerichtshofs des Iran
bestätigte das Urteil am 15. November 2005. Derzeit liegt der Fall dem Obersten
Gerichtshof zu einer weiteren Überprüfung vor. Parisa
ist im Adelabad-Gefängnis in Shiraz inhaftiert.
Eine Frau namens Iran, die der arabischen
Minderheit und dem Bakhtiari-Klan angehört, führte
gerade im Hof ihres Hauses ein Gespräch mit dem Sohn eines Nachbarn, als ihr
Ehemann sie plötzlich mit einem Messer angriff. Ihr Mann schlug brutal auf sie
ein und ließ sie blutend und bewusstlos am Boden liegen. Während sie bewusstlos
war, soll der Sohn des Nachbarn ihren Ehemann mit dessen eigenem Messer getötet
haben. Beim Verhör durch die Polizei gestand Iran Berichten zufolge, mit dem
Sohn des Nachbarn eine außereheliche Beziehung gehabt zu haben. Später zog sie
dieses Geständnis jedoch zurück. Ein Gericht in einer Stadt in der Provinz Khuzestan verurteilte sie zu fünf Jahren Haft wegen der
Beihilfe zum Mord an ihrem Ehemann und zum Tod durch Steinigung wegen
Ehebruchs. Der Oberste Gerichtshof des Landes bestätigte das Urteil. Ihr Anwalt
hat Rechtsmittel gegen das Strafmaß eingelegt. Die Frau befindet sich im Sepidar-Gefängnis in der Stadt Ahvaz
in Haft.
Khayrieh,
eine weitere Angehörige der arabischen Minderheit im Iran, wurde nach
vorliegenden Informationen von ihrem gewalttätigen Ehemann misshandelt. Sie
soll eine Beziehung zu einem Verwandten ihres Mannes begonnen haben, der später
ihren Ehemann ermordete. Die dritte Abteilung des Gerichts von Behbahan in Khuzestan verurteilte
sie wegen Beihilfe zum Mord an ihrem Mann zum Tode, wegen Ehebruchs lautete das
Urteil auf Tod durch Steinigung. Khayrieh bestreitet
zwar jegliche Beteiligung an der Ermordung ihres Ehemannes, hat aber den
Ehebruch zugegeben. Das Urteil wurde bestätigt und soll zur Ausstellung des
Hinrichtungsbefehls an die Oberste Justizautorität weitergeleitet worden sein.
Shamameh
Ghorbani (alias Malek) wurde
im Juni 2005 festgenommen und im Juni dieses Jahres von einem Gericht in Oromieh wegen Ehebruchs zum Tod durch Steinigung
verurteilt. Sie befindet sich nach vorliegenden Informationen im Gefängnis von Oromieh. Ihre Brüder und ihr Ehemann sollen einen Mann
getötet haben, den sie in ihrem Haus antrafen. Shamameh
Ghorbani wurde durch die Messerstiche der Männer
ebenfalls lebensgefährlich verletzt. Der Fall wird dem Vernehmen nach
gegenwärtig einer Prüfung unterzogen.
Kobra Najjar, die sich im Gefängnis von Tabriz
im Nordwesten des Iran befindet, ist in unmittelbarer Gefahr, hingerichtet zu
werden. Sie war wegen der Beteiligung an der Ermordung ihres Ehemannes zu acht
Jahren Haft verurteilt worden. Nach Verbüßen dieser Haftstrafe soll sie wegen
Ehebruchs durch Steinigung hingerichtet werden. Vor zwei Jahren hätte sie
hingerichtet werden sollen. Berichten zufolge hat sie an den Begnadigungsausschuss
des Landes geschrieben und die Umwandlung des Todesurteils beantragt. Eine
Antwort steht jedoch noch aus. Kobra Najjar soll von
ihrem heroinabhängigen Ehemann, der sie misshandelt hat, zur Prostitution
gezwungen worden sein. Nachdem sie 1995 von ihm brutal verprügelt worden war,
erzählte sie einem ihrer regelmäßigen Freier, sie wolle ihren Ehemann töten.
Der Freier soll daraufhin ihren Mann ermordet haben, nachdem Kobra Najjar ihn zu einem vereinbarten Treffpunkt gebracht hatte.
Der Täter wurde zum Tode verurteilt, von der Familie des Opfers aber gegen die
Zahlung eines „Blutgeldes” (diyeh) begnadigt.
Soghra
Mola’i wurde wegen
Mittäterschaft bei dem im Januar 2004 verübten Mord an ihrem Ehemann Abdollah zu 15 Jahren Haft verurteilt. Wegen Ehebruchs
lautete das Urteil auf Tod durch Steinigung. Während des Verhörs erklärte sie:
„Mein Mann hat mich regelmäßig gequält, aber trotzdem wollte ich ihn nicht
töten. In der Tatnacht … nachdem Alireza meinen Ehemann umgebracht hatte, bin
ich mit ihm geflohen, weil ich in dem Haus Angst hatte, die Brüder meines
Mannes würden mich töten”. Alireza wurde wegen des
Mordes an Soghra Mola'is
zum Tode und zu 100 Peitschenhieben wegen „unerlaubter Beziehungen“ verurteilt.
Diese Strafen liegen dem Obersten Gerichtshof noch zur Prüfung vor. Soghra Mola’i soll sich im
Gefängnis Reja'i Shahr in Karaj unweit von Teheran befinden.
Im Mai 2005
verurteilte die 71. Abteilung des Strafgerichts der Provinz Teheran Fatemeh (Nachname unbekannt) wegen Beihilfe zum Mord
zu einer Vergeltungsstrafe (qesas) und wegen einer
„unerlaubten Beziehung“ mit einem Mann namens Mahmoud
zum Tod durch Steinigung. Ihr Ehemann erhielt eine Haftstrafe von 16 Jahren
wegen Mittäterschaft an dem Mord an Mahmoud. Der Fall
liegt gegenwärtig dem Obersten Gerichtshof zur Überprüfung vor. Laut einem
Artikel in der Zeitung „Etemad“ vom Mai 2005 war es
zwischen den beiden Männern zu einer heftigen Auseinandersetzung gekommen. Fatemeh soll zugegeben haben, Mahmoud
einen Strick um den Hals gelegt zu haben, der seine Strangulierung
herbeiführte. Ihren Angaben zufolge wollte sie ihm lediglich die Hände und Füße
fesseln, nachdem er das Bewusstsein verloren hatte, um ihn dann der Polizei zu
übergeben.
HINTERGRUNDINFORMATIONEN
amnesty international sind noch zwei weitere Fälle
bekannt, in denen Frauen im Iran zum Tod durch Steinigung verurteilt worden
sind, Ashraf Kalhori (siehe UA 203/06) und Hajieh Esmailvand (siehe UA
336/04). Im Dezember 2002 hieß es in Berichten, Ayatollah Shahroudi
habe als Oberste Justizautorität die Richter des Landes angewiesen, ein
Moratorium für Hinrichtungen durch Steinigung zu verfügen. Im Mai 2006 sollen
allerdings ein Mann und eine Frau durch Steinigung hingerichtet worden sein.
EMPFOHLENE AKTIONEN: Schreiben
Sie bitte E-Mails oder Luftpostbriefe, in denen Sie
·
fordern, dass die
gegen die sieben oben genannten Frauen verhängten Todesurteile durch Steinigung
sofort umgewandelt werden;
·
darlegen, dass Sie
die Todesstrafe vorbehaltlos ablehnen, da sie eine Verletzung des Rechts auf
Leben, des fundamentalsten Menschenrechts, ist;
·
die iranischen
Behörden daran erinnern, dass der UN-Menschenrechtsausschuss (im Fall „Toonen gegen Australien“) unmissverständlich deutlich
gemacht hat, dass die Behandlung von Ehebruch und einvernehmlichem
außerehelichem Geschlechtsverkehr zwischen Erwachsenen als Straftaten gegen
internationale Menschenrechtsstandards verstößt;
·
darlegen, dass das
Urteil Tod durch Steinigung für Ehebrecherinnen gegen die Verpflichtung des
Iran im Rahmen von Artikel 6(2) des Internationalen Pakts über bürgerliche
und politische Rechte verstößt, in dem es heißt, die Todesstrafe darf in
den Staaten, in denen sie noch nicht abgeschafft ist, „nur für schwerste
Verbrechen“ verhängt werden;
·
die Abschaffung der
Todesstrafe durch Steinigung im Iran fordern, um so einen Schritt in Richtung
der Umsetzung des Völkerrechts und der Standards für den Schutz der
Menschenrechte zu tun.
APPELLE
AN:
Leader of the Islamic Republic, The Office of the
Supreme Leader, Shoahada Street, Qom,
Tehran, IRAN (Religionsführer - korrekte
englische Anrede: Your
Excellency)
E-Mail: info@leader.ir; istiftaa@wilayah.org
Head of the Judiciary, Ministry of Justice, Park-e Shahr,
E-Mail: über
www.iranjudiciary.org/contactus-feedback-fa.html (1. Zeile:
Name, 2. Zeile: E-Mail-Adresse, 3. Zeile: Betreff)
KOPIEN AN:
S.E.
Herr Seyed Mohsen NABAVI, v
ao. u. bev. Botschafter
Strohgasse
14 c, 1030 Wien
Tel:
(+43 / 1) 712 26 50, 712 26 57
Fax.
(+43 / 1) 713 46 94, 713 57 33
Telex:
131 718
E-Mail:
public@iranembassy-wien.at
Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst
sofort. Schreiben Sie in in gutem Persisch, Englisch,
Französisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an
Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 9. November 2006 keine Appelle
mehr zu verschicken.
- calling for the sentences of execution by stoning of
the seven women named above (naming them) to be commuted immediately;
-
stating your unconditional opposition to the death penalty, as the ultimate
cruel, inhuman and degrading punishment and violation of the right to life;
- reminding the Iranian authorities that the UN Human Rights Committee
(in the case of Toonen v Australia) has made clear
that treating adultery and fornication as criminal offences does not comply
with international human rights standards. Therefore the sentence of execution
by stoning for adultery breaches
Iran’s commitment under article 6(2) of the International Covenant on
Civil and Political Rights that death sentences will be imposed "only for
the most serious crimes";
- calling for the abolition of execution by stoning in
Iran as a positive step towards implementing international law and standards
for the protection of human rights.