15. Jänner 2006
17:48

 

Iranerin wegen Gegenwehr zum Tode verurteilt
Menschenrechtsorganisationen rufen zu internationaler Unterstützung der 17-Jährigen auf, die sich gegen Vergewaltiger verteidigte

 

Wien/Hamburg - Im Iran soll einem Zeitungsbericht zufolge eine Frau hingerichtet werden, die aus Notwehr ihren Vergewaltiger getötet hat. Obwohl solche Fälle im Iran keine Seltenheit sind, haben Menschenrechtler jedoch Hoffnung, die Exekution noch zu verhindern, berichtet "Spiegel Online" am Sonntag.
 

Bereits am Donnerstag berichtete dieStandard.at vom Aufruf des Internationales Rettungskomittees für IranerInnen in dieser Sache. Die 18-Jährige Studentin Nazanin und ihre Nichte waren im Mai 2005 in Karadj von zwei Männern überfallen worden. Sie versuchten die beiden Mädchen zu vergewaltigen. Nazanin wehrte sich und verletzt dabei einen der Täter tödlich mit einem Messer. Für ein iranisches Gericht war dies ein Grund, die junge Frau zum Tode zu verurteilen. Im Urteil hieß es laut der iranischen Zeitung "Etemad": "Ein Exempel, damit keine Frau mehr es wagt, ihre Hand gegen einen Mann zu erheben."

Menschenrechtsorganisationen konnten bisher nicht bestätigen, ob der Bericht stimmt. "Aber wir haben bereits mehrmals Fälle verfolgt, die erstmals von "Etemad" berichtet wurden. Es ist also davon auszugehen, dass die Geschichte wahr ist", so Ruth Jüttner, Iran-Expertin von amnesty international, zu "Spiegel Online".

Vergleichsfälle

Dass die Geschichte alles andere als abwegig ist, zeige ein ganz ähnlicher Fall, so Jüttner. Im Juli 1997 drohte ein Mann der Iranerin Afsaneh Norouzi, sie zu vergewaltigen. Norouzi wehrte sich und tötete ihren Peiniger. Die iranischen Gerichte erkannten zuerst an, dass die Frau aus Notwehr gehandelt hatte. Zum Tode wurde Norouzi dennoch verurteilt - sieben Jahre später. Auf Druck internationaler Organisationen und iranischer Menschenrechtsverbände wurde Norouzi schließlich begnadigt. "Was aber juristisch nicht heißt, dass das Urteil aufgehoben wäre" erklärt Ruth Jüttner.

Rechtlose Situation

Das Urteil gegen Afsaneh Norouzi führe eine grausame Absurdität vor Augen: Wenn auch für eine Tötung aus Notwehr die Todesstrafe verhängt werde, dann würde sich in Zukunft keine Frau mehr trauen, sich bei einer Vergewaltigung zu wehren, sagte Jüttner. Und dennoch könne es dann sein, dass sie zum Tode verurteilt wird: wegen Ehebruch.

Auch wenn die Kommunikationskanäle in den Iran im Moment sehr schwierig seien, sei es Menschenrechtsorganisationen in den vergangenen Jahren öfters gelungen, Hinrichtungen im Iran zu verhindern oder zumindest aufzuschieben. "Das ist immer ein Balanceakt und das Zusammenspiel verschiedenster Kräfte", so Jüttner. "Oft hätten sich auch Diplomaten von EU-Staaten im Iran direkt dafür eingesetzt, dass die Verurteilten nicht hingerichtet werden. (APA)

http://diestandard.at/?url=/?id=2302150

 

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