Krieg mit Iran - es geht nicht nur um die atomare Thematik
von Joshua Frank
ZNet 24.01.2006
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US-Außenministerin
Condi Rice sagt, die USA
und die EU sollten die Gespräche mit dem Iran über dessen mögliches Programm
zur Entwicklung von Atomwaffen nicht fortsetzen. Man solle die Diplomatie
stoppen, nun müsse der UN-Sicherheitsrat Maßnahmen ergreifen, so Rice. Am 23. Januar 2006 gibt sie vor Reportern zu: Der
Dialog zwischen Iran und der internationalen Gemeinschaft ist am "toten
Punkt".
"Ich sehe nicht mehr viel Raum für weitere Diskussionen, in welchem Format
auch immer", so Rice.
Die wahren US-Gründe, gegen Teheran vorzugehen, könnten natürlich auch mit
etwas zusammenhängen, das unter der trockenen iranischen Erde verborgen liegt -
und weniger mit den iranischen Nuklearambitionen.
Derzeit besitzt der Iran die zweitgrößte unangezapfte Ölreserve der Welt. Das
Land hat fünfmal mehr Erdöl als die Vereinigten Staaten. Das angesehene 'Oil
and Gas Journal' schätzte 2005, dass es im Iran 125,8 Milliarden Barrel Öl
gibt, die nur darauf warten, heraufgepumpt werden. Iran ist - als Produzent -
die Nummer Zwei der OPEC (Organisation der erdölexportierenden
Länder).
Das meiste iranische Rohöl liegt unter der Erde von Khuzestan
- an der Grenze zum Irak bzw. zum Persischen Golf. Hier liegen auch zwei der
größten intakten Ölfelder des Iran: Yadavaran und Azadegan. Wen wundert es, dass die Öljungs aus Washington
etwas abhaben wollen von den ölreichen Ländereien des Iran?
Aber es gibt ein Problem - das sich als substantiell fatal auf die Agenda der Neokons auswirken könnte, falls das Theater um das
iranische Atom tatsächlich vor den Weltsicherheitsrat geht. Denn im
Sicherheitsrat besteht immerhin die Möglichkeit, dass China und Russland ihr
Veto einlegen. Was wäre die einzige Alternative, falls der Sicherheitsrat keine
Sanktionen gegen Iran beschließt (Vetos)? Ein Einmarsch.
Die chinesische Regierung hat bereits ein Auge auf Yadavaran
geworfen. Das staatliche chinesische Erdölunternehmen China Petroleum & Chemical Corporation hält 50% der Aktien des großen Yadavaran-Ölfelds.
Auch die Russen investieren in die ölreiche iranische Industrie. 2003 kam
Russland auf die Idee, den Öleinkauf und die Distributionsmethoden zu
diversifizieren, indem es russisches Rohöl nach Iran verschifft, wo es für den
iranischen Verbrauch weiterverarbeitet wird. Im Gegenzug liefert Iran das
gleiche Quantum Öl an Russland zurück. Die Asia Times
im Februar 2003: "Durch diese Vereinbarung wird russisches Öl auch
nichteuropäischen Kunden zugänglich gemacht und dies zu einem
wettbewerbstauglichen Preis. Die Kosten des Exports, der bis jetzt
üblicherweise über Öltanker, die in den russischen Schwarzmeer-Häfen beladen
werden, erfolgt, werden so extrem reduziert..."
Die drohenden UN-Sanktionen beunruhigen die Ölspekulanten und Märkte aufs
Extremste. In den letzten Wochen ist es zu großen Preisschwankungen gekommen,
weil der Iran damit drohte, seine ausländischen Währungsreserven aus
europäischen Banken abzuziehen - eine große Summe. Man kann den Leuten in
Teheran viel nachsagen, dumm sind sie nicht. Ihnen ist klar, dass die Drohung,
ihr Geld aus westlichen Banken abzuziehen, auch die amerikanischen Börsen
treffen wird - was wiederum der Bush-Administration schadet. Der Iran lässt
alle Muskeln spielen - viele sind es nicht mehr -, in der Hoffnung, sein
Nuklearprogramm kommt nicht vor den Sicherheitsrat. Teheran spielt jedoch nur
ein politisches Spiel. Was Washington viel mehr beunruhigt, ist eine andere
Massenvernichtungswaffe - nicht die (angeblichen) iranischen Nuklearwaffen.
Im März 2006 will Iran seine lang erwartete Iranische Ölbörse (Oil Exchange Program) eröffnen. Bislang wird der Petrodollar noch durch
die US-Dollarwährung dominiert. Das wollen Iran und andere OPEC-Länder ändern.
Die iranische Börse wird sich am europäischen System des Ölhandels orientieren.
Diese Orientierung ist ein erster Schritt in Richtung Alternative zum
Petrodollar - möglicherweise schlechte Nachrichten für Amerika.
"Ökonomisch gesehen stellt dies (eine große Bedrohung) dar, denn jeder,
der Öl für Euros kaufen oder verkaufen will, wird Transaktionen an dieser
Exchange-Börse tätigen können und so den US-Dollar völlig umgehen",
schreibt der Ökonomieprofessor Krassimir Petrov von der bulgarischen American University in der
Januar-Ausgabe von Energy Bulletin.
"Die Europäer müssen nicht länger Dollars einkaufen und bereithalten, um
ihre Ölzahlungen gewährleisten zu können, stattdessen können sie in ihrer
eigenen Währung zahlen. Die Adoption des Euro (als Währung) für Öltransaktionen
verleiht der europäischen Währung den Status einer Reserve. Ein Vorteil für die
Europäer, der zu Lasten der Amerikaner gehen wird... Vor allem Chinesen und
Japaner werden künftig auf die neue Währung scharf sein, versetzt sie sie doch
in die Lage, ihre enormen Dollarreserven drastisch zu reduzieren und
diversifizierend auf den Euro auszuweichen. Auf diese Weise schützen sie sich
vor einem Verfall des Dollar".
Natürlich wollen das die Bush-Boys nicht. Öl ist zwar nicht der einzige Grund,
weshalb die USA die militärischen Fähigkeiten des Iran ausradieren wollen,
aber, so wie's aussieht, einer der Hauptgründe. Die USA wollen, dass vor allem
die USA vom weltweiten Handel mit Öl bzw. von der OPEC profitieren - wie
bisher.
Vielleicht ist das, was wir hier sehen, eine neue Form der
Wirtschaftsglobalisierung im Entstehen - eine Form der ökonomischen
Globalisierung, die die zwangsweise Auslöschung bzw. den zwangsweisen
Handel mit unseren natürlichen Ressourcen miteinschließt.
Vielleicht denken Sie daran, wenn Sie das nächste Mal ihr Auto starten.
Joshua Frank ist Autor des Buches 'Left Out! How Liberals Helped
Reelect George W. Bush', das soeben bei Common
Courage Press erschienen ist. Siehe www.BrickBurner.org (wo Sie auch sein Buch
bestellen können). Sie erreichen Joshua Frank unter BrickBurner@gmail.com