Mit Brandsätzen und Steinen
Die Proteste gegen die Mohammed-Karikaturen fordern bereits Todesopfer.
Aus Protest gegen die in europäischen Zeitungen erschienenen
Mohammed-Karikaturen haben Demonstranten in der iranischen Hauptstadt Teheran
die österreichische Botschaft angegriffen.
Rund 200
Demonstranten schleuderten am Montag Brandsätze und Steine auf das Gebäude, wie
ein Reuters-Fotograf berichtete.
Fahnen
verbrannt
Sie setzten
anschließend Fahnen europäischer Staaten in Brand. Sie forderten die Schließung
der diplomatischen Vertretungen der Länder, in denen Zeitungen die umstrittenen
Karikaturen veröffentlicht hatten.
Laut AFP
befanden sich zahlreiche islamistische Milizionäre
unter den Demonstranten.
An Erstürmung
gehindert
Alle Fenster
der Vertretung seien eingeschlagen worden. Das Gebäude sei aber nicht in Brand
geraten. Dutzende Sicherheitskräfte hinderten die Demonstranten an der
Erstürmung der Botschaft. Österreich hat derzeit die EU-Ratspräsidentschaft
inne.
Die Botschaft
wurde aus Sicherheitsgründen geschlossen. Außenministerin Ursula Plassnik (ÖVP) betonte am Montag nochmals, dass die
Sicherheit der österreichischen Bürger und Einrichtungen in den von den
Protesten betroffenen Ländern absolute Priorität habe.
Auch
Kulturforum beschädigt
Durch den Wurf
von Molotow-Cocktails wurde auch das Gebäude des österreichischen Kulturforums
in Teheran beschädigt. Personen kamen dabei nicht zu Schaden.
Schutz
gefordert
Der
österreichische Botschafter protestierte umgehend und verlangte von den
Behörden nochmals angemessenen Schutz für Österreicherinnen und Österreicher
sowie für alle österreichischen Einrichtungen im Iran, teilte das
Außenministerium mit.
Botschaft im
Libanon beschädigt
Bereits am
Vortag war durch die Ausschreitungen gegen dänische Einrichtungen in der
libanesischen Hauptstadt Beirut auch die österreichische Botschaft in
Mitleidenschaft gezogen worden. Das erklärte Außenministerin Ursula Plassnik (ÖVP) Sonntagabend in der ZiB1.
Die
österreichische Botschaft ist laut Außenministeriums-Sprecherin Astrid Harz im
8. Stock des Gebäudes untergebracht, in dessen 2. Stock sich das dänische
Konsulat befindet, das am Sonntag von Demonstranten in Brand gesetzt wurde.
Erhöhte Gefahr
in 19 Ländern
Angesichts der
Demonstrationen wies das Außenministerium am Montag nochmals auf die erhöhte
Sicherheitsgefährdung in 19 Ländern hin.
Die vom
Außenamt in Wien herausgegebene Liste umfasst neben dem Iran, dem Libanon,
Syrien und den Palästinensergebieten auch Ägypten, Jordanien, Algerien,
Äthiopien, Indonesien, Kuwait, Libyen, Malaysia, Marokko, Oman, Pakistan,
Saudi-Arabien, Tunesien, die Türkei und die Vereinigten Arabischen Emirate
(VAE).
Keine
EU-Krisensitzung geplant
Ungeachtet der
anhaltenden Proteste plant die österreichische EU-Ratspräsidentschaft dazu
keine Krisensitzung. Derzeit sei "kein Sondertreffen" vorgesehen,
sagte ein Sprecher der EU-Ratspräsidentschaft am Montag auf Anfrage der APA in
Brüssel.
Erste Tote bei
Protesten
Die teilweise
gewalttätigen Proteste in der islamischen Welt gegen die umstrittenen dänischen
Mohammed-Karikaturen forderten auch erste Menschenleben. In Afghanistan starben
bisher drei Demonstranten, jeweils einer im Libanon und in Somalia.
Wie am Montag
bekannt wurde, erlag in Beirut einer der Männer, die am Vortag das dänische
Konsulat gestürmt und in Brand gesetzt hatten, seinen schweren Kopfverletzungen.
In Somalia wurde ein Mann von Sicherheitskräften erschossen.
Drei Tote in
Afghanistan
In Afghanistan
starben am Montag drei Demonstranten. US-Soldaten und afghanische
Sicherheitskräfte hatten einer aufgebrachten Menge in der Stadt Bagram Feuergefechte geliefert.
Kein Ende der
Proteste
Unterdessen
gingen die Proteste auch am Montag weiter. Außer in Afghanistan demonstrierten
im Iran, in Indonesien, Thailand, auf den Philippinen und in den
Palästinensergebieten Moslems gegen die Karikaturen.
In Gaza-Stadt
attackierten Dutzende Palästinenser wieder das seit Tagen geschlossene EU-Büro.
Augenzeugen berichteten, die Randalierer hätten eine Fahne mit den Emblemen der
Europäischen Union verbrannt und das Gebäude mit Steinen beworfen.
Irak: Fatwa gefordert
Bei einer
Kundgebung im Irak forderten schiitische Demonstranten eine Fatwa
(religiöses Rechtsgutachten) gegen die dänischen Zeichner der umstrittenen
Karikaturen.
Warnschüsse in
Indonesien
In Indonesien
feuerte die Polizei am Montag Warnschüsse, um die Menge auseinander zu treiben.
In der zweitgrößten indonesischen Stadt Surabaya hatten zuvor rund 300
Mitglieder der extremistischen Islamischen Verteidigungsfront das US-Konsulat
gestürmt und das Gebäude mit Steinen beworfen.
Annan ruft zur
Besinnung auf
UNO-Generalsekretär
Kofi Annan hatte in der Nacht erneut ein Ende der Gewalt gefordert. Er teile
zwar die Gefühle vieler Moslems, die ihre Religion durch die Veröffentlichung
der Karikaturen beleidigt sähen, jedoch rechtfertige "dieser Groll keine Gewalt".
Gemeinsamer
Aufruf von Zapatero und Erdogan
Der spanische
Ministerpräsident Jose Luis Rodriguez Zapatero und
sein türkischer Amtskollege Recep Tayyip
Erdogan riefen gemeinsam zu Besonnenheit auf.
"Wir
werden alle Verlierer sein, wenn es uns nicht gelingt, die Situation sofort zu
entschärfen, die in ihrem Sog nur einen Pfad von Misstrauen und Missverständnis
zwischen beiden Seiten hinterlassen kann", hieß es in dem gemeinsamen
Aufruf.
ORF