Aktionstag in
Solidarität mit den Busfahrern bei Vahed
Dienstag, 14. Februar 2006
Dieses Flugblatt des Iranian
Workers' Solidarity Network verteilen unsere GenossInnen
am 15. Februar, dem internationalen Aktionstag in Solidarität mit den
Busfahrern bei Vahed, der in Österreich von der
Gewerkschaft der Eisenbahner (GdE) unterstützt wird.
Die Islamische Republik von Iran versucht seit elf Monaten die Busfahrer beim
Busunternehmen Vahed in Teheran und Umgebung
systematisch einzuschüchtern und zu unterdrücken. Im März 2005 begann die
Unternehmensleitung mit der Entlassung von Mitarbeitern, die im Betrieb die
Gewerkschaft, die im Zuge der Repressionswelle der 1980er Jahre aufgelöst
worden war, wieder zu gründen.
Am 9. Mai 2005 attackierten rund 300 Mitglieder des Islamischen Arbeitsrates –
eine Institution, die das Regime zur Unterdrückung echter
Arbeiterorganisationen und Gewerkschaften einsetzt – eine Versammlung des Gründungskomitees
der Gewerkschaft bei Vahed. Mit Unterstützung von
Polizeibeamten brachen sie die Tür zum Büro der Gewerkschaft auf, schlugen
Fenster ein, zerstörten Dokumente und Bücher und verprügelte 10
Gewerkschaftsaktivisten.
Hassan Sadeghi, der Sekretär des Islamischen
Arbeitsrates, führte diesen Angriff an. Die Angreifer hatten es vor allem auf
Mansour Ossanlou, den Anführer der Gewerkschaft bei Vahed, abgesehen. Während Sadeghi
Ossanlous Hand am Rücken festhielt, versuchte ein
weiterer Islamist seine Zunge herauszuschneiden. Nach
der Spitalsbehandlung wurde Ossanlou in
Polizeigewahrsam genommen – nicht die Angreifer!
Einige Wochen später nahmen Sadeghi & Co. an der
93. Versammlung des International Labour Council in
Genf teil. Am 14. Juni 2005 diskutierte die Konferenz die
Arbeitsrechtssituation im Iran, wo sich Sadeghi und
andere der Angreifer als “Experten” und Vertreter der iranischen Arbeiterschaft
präsentieren konnten!
Ende Juli waren 17 Beschäftigte bei Vahed gekündigt
worden. Alle waren aktiv bei der Organisierung der ersten Generalversammlung
der neuen Gewerkschaft am 3. Juni 2005, an der sich 8000 der 17000
Beschäftigten beteiligten.
Unter dem wachsenden Druck der Vahed-Beschäftigten
und Arbeitern aus anderen Betrieben sowie aufgrund der internationalen Proteste
machte das Regime einen Rückzieher. Die Einschüchterungen gegen die
Gewerkschafter gingen jedoch weiter. Am 22. Dezember wurden Kollege Ossanlou und andere führende Gewerkschafter um 6 Uhr
morgens von Mitarbeitern des Informationsministeriums in ihren Wohnungen
verhaftet. Damit sollten sie wohl psychisch gebrochen werden, weil man kurz vor
Weihnachten nicht damit rechnen konnte, dass größere internationale
Solidaritätsaktionen organisiert würden.
Die Busfahrer von Vahed ließen sich aber nicht
unterkriegen. Am 25. Dezember traten 3000 von ihnen in den Streik. Daraufhin
ließ das Regime die Bankkonten der Gewerkschaftsaktivisten einfrieren, die
Lohnzahlungen wurden eingestellt und die Drahtzieher des Streiks mit einer
Klagesflut eingedeckt. Gleichzeitig wurde der Teheraner Bürgermeister
vorgeschoben, um die Arbeiter mit Scheinverhandlungen zu beruhigen.
Die Busfahrer kündigten dann für den 28. Januar einen neuerlichen Streik an und
forderten dabei die Freilassung von Mansour Ossanlou
und die Anerkennung ihrer Gewerkschaft. Dieses Mal stürmten
Polizeitruppen die Wohnungen der Aktivisten noch vor dem Streik und prügelte
und verhaftete deren Familienmitglieder. Eine Reihe von Ehefrauen und Töchtern
von Gewerkschaftern wurde über Tage gefangen gehalten.
Am Streiktag mobilisierte das Regime sogar Sondereinheiten der Polizei,
Geheimpolizei und paramilitärische Gruppen. Mit brutaler Gewalt versuchten sie
die Fahrer an ihren Arbeitsplatz zu prügeln. Mehrere hundert Arbeiter,
Studenten und andere Unterstützer des Streiks wurden an diesem Tag verhaftet.
Die Verhafteten leisteten aber weiter Widerstand. Über 500 traten im
berüchtigten Evin-Gefängnis in den Hungerstreik.
Diejenigen, die noch frei waren, kündigten für 3. Februar einen neuerlichen
Streik an. Ihre Forderungen lauteten:
• Freilassung von Mansour Mr Ossanlou
und aller anderen Verhafteten
• Untezeichnung eines Kollektivvertrags
• Anerkennung ihrer Gewerkschaft
• Bessere Arbeitsbedingungen und höhere Löhne.
Dieser Streik ging ohne größere Zwischenfälle über die Bühne, nachdem in der
Islamischen Republik der Freitag das Äquivalent zu unserem Sonntag ist und die
Arbeiter einfach zu Hause blieben.
Gegenwärtig sind noch immer 60-70 Arbeiter im Gefängnis – viele von ihnen im
Hungerstreik. Die Solidarität durch die internationale ArbeiterInnenbewegung
ist zentral in diesem Arbeitskampf und bei der Kampagne zur Freilassung der
Verhafteten. Die iranische ArbeiterInnenbewegung
steht an einem Scheideweg, ein Sieg der Busfahrer bei Vahed
würde den Weg ebnen für die Anerkennung von etlichen Gewerkschaften, die diesen
Namen tatsächlich verdienen, und für die Erkämpfung besserer Lohn- und
Arbeitsbedingungen für Millionen Arbeiter im Iran.
Wir appellieren an Sie, den internationalen Aktionstag am 15. Februar zu unterstützen
als wichtigen Schritt im Kampf für eine Wende in der iranischen Gesellschaft im
Interesse der arbeitenden Menschen.