Leitartikel

Iran - Harter Kurs nach nirgendwo

Im Streit um sein Atomprogramm hält Iran anscheinend unbeirrt Konfrontationskurs. Der Möglichkeit, mit Russland über eine gemeinsame Anlage zur Urananreicherung zu verhandeln und damit einen gesichtswahrenden Kompromiss zu finden, erteilte das Regime in Teheran demonstrativ eine Absage.

Gleichzeitig ließ es verbreiten, man werde die eigene Urananreicherung wieder aufnehmen. Dieser harte Kurs ist wenig überraschend. Bemerkenswert daran ist allenfalls, wie schillernd und diffus die Signale aus Teheran bei genauerer Betrachtung sind. Auf die Andeutung des Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad, Iran werde den Atomwaffensperrvertrag verlassen, folgte am Wochenende gleich ein Dementi seines Außenministeriums. Auch am Montag blieb offen, welche konkreten Schritte Irans Atomtechniker jetzt tatsächlich in Angriff nehmen werden.

Bei sehr optimistischer Lesart kann man darin Anzeichen dafür sehen, dass die politische Führung in Teheran über ihre Atomstrategie keineswegs völlig einig ist. Wenn es um das Prestigeprojekt Atomtechnik an sich geht, mögen die Machthaber untereinander und auch mit ihrem Volk völlig übereinstimmen: Iran braucht diese Technik und hat einen völkerrechtlichen Anspruch darauf.

In der Auseinandersetzung mit der Weltgemeinschaft geht es jedoch darum gar nicht. Der Streitpunkt ist, ob und wie sichergestellt werden kann, dass Iran nicht nach der Atombombe greift.

In dieser Frage ist die Staatengemeinschaft nach langem Zögern zuletzt sehr geschlossen aufgetreten. In Teherans Führung hatten das offenbar viele nicht erwartet, und es liegt nahe, dass über den neuen Kurs noch keine Einigkeit besteht. Während das Lager um den religiösen Eiferer Ahmadinedschad es geradezu darauf anzulegen scheint, eine massive Konfrontation mit dem Westen zu inszenieren, könnten andere eine kühlere Kosten-Nutzen-Rechnung anstellen - und zu Kompromisslösungen bereit sein.

Niemand sollte die Strategie gegenüber Teheran auf solche mutmaßlichen Partner bauen. Dazu sind die Machtverhältnisse und Absichten in der iranischen Führung derzeit viel zu undurchsichtig. Die eingeschlagene Strategie der klaren Worte und des konsequenten Handelns könnte sich aber letztlich gerade deshalb auszahlen, weil sie in Teheran eine Strategiedebatte anstößt und die Hardliner unter zunehmenden Rechtfertigungszwang setzt.

Die aggressiven Töne Ahmadinedschads haben bereits dafür gesorgt, dass die Welt endlich geschlossen auftritt. Dass sein Brachialkurs auch im eigenen Lager irgendwann auf Widerstand stößt, ist eine der wenigen Hoffnungen in diesem Konflikt. Klare Worte des Westens sind dafür eine Voraussetzung.

Aus der FTD vom 14.02.2006
© 2006 Financial Times Deutschland

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