Leitartikel
Gleichzeitig ließ
es verbreiten, man werde die eigene Urananreicherung wieder aufnehmen. Dieser
harte Kurs ist wenig überraschend. Bemerkenswert daran ist allenfalls, wie
schillernd und diffus die Signale aus Teheran bei genauerer Betrachtung sind.
Auf die Andeutung des Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad,
Iran werde den Atomwaffensperrvertrag verlassen, folgte am Wochenende gleich
ein Dementi seines Außenministeriums. Auch am Montag blieb offen, welche
konkreten Schritte Irans Atomtechniker jetzt tatsächlich in Angriff nehmen
werden.
Bei sehr optimistischer Lesart kann man darin Anzeichen dafür sehen, dass
die politische Führung in Teheran über ihre Atomstrategie keineswegs völlig
einig ist. Wenn es um das Prestigeprojekt Atomtechnik an sich geht, mögen die
Machthaber untereinander und auch mit ihrem Volk völlig übereinstimmen: Iran
braucht diese Technik und hat einen völkerrechtlichen Anspruch darauf.
In der Auseinandersetzung mit der Weltgemeinschaft geht es jedoch darum gar
nicht. Der Streitpunkt ist, ob und wie sichergestellt werden kann, dass Iran
nicht nach der Atombombe greift.
In dieser Frage ist die Staatengemeinschaft nach langem Zögern zuletzt sehr
geschlossen aufgetreten. In Teherans Führung hatten das offen
Niemand sollte die Strategie gegenüber Teheran auf solche mutmaßlichen
Partner bauen. Dazu sind die Machtverhältnisse und Absichten in der iranischen
Führung derzeit viel zu undurchsichtig. Die eingeschlagene Strategie der klaren
Worte und des konsequenten Handelns könnte sich aber letztlich gerade deshalb
auszahlen, weil sie in Teheran eine Strategiedebatte anstößt und die Hardliner
unter zunehmenden Rechtfertigungszwang setzt.
Die aggressiven Töne Ahmadinedschads haben bereits
dafür gesorgt, dass die Welt endlich geschlossen auftritt. Dass sein
Brachialkurs auch im eigenen Lager irgendwann auf Widerstand stößt, ist eine
der wenigen Hoffnungen in diesem Konflikt. Klare Worte des Westens sind dafür
eine Voraussetzung.
Aus der FTD vom 14.02.2006
© 2006 Financial Times Deutschland