USA fordern
Russen zum Stopp der Kooperation mit Iran auf
20.04.06
Moskau/Teheran - Im Streit um das iranische Atomprogramm
zeichnet sich ein Konflikt zwischen den Vereinigten Staaten und Rußland ab. Moskau müsse die Zusammenarbeit mit dem Iran
auf dem atomaren Sektor einstellen, sagte gestern US-Außenstaatssekretär
Nicholas Burns. Dazu gehöre auch die Hilfe beim Bau des iranischen
Atomkraftwerks Buschir.
Die mächtigsten Staaten der Erde hatten zuvor in Moskau
ergebnislos um eine gemeinsame Haltung zum Iran gerungen. Am Abend nahmen an
dem Treffen auch Vertreter des Iran teil. Wie es hieß, hatte Teheran darum
gebeten. Ranghohe Vertreter der sieben führenden Wirtschaftsnationen und Rußlands (G 8) trafen sich dazu in Moskau. Zuvor
hatten bereits die fünf Vetomächte im UN-Sicherheitsrat und Deutschland sich
nicht über Sanktionen gegen Teheran einigen können. "Wir halten es für
wichtig, daß alle Länder ihre Zusammenarbeit mit dem
Iran auf dem nuklearen Sektor einstellen", sagte Burns in Moskau. Dazu
gehörten auch zivile Atomprojekte wie das Atomkraftwerk in Buschir.
Washington versucht seit langem, Moskau davon zu überzeugen, das Buschir-Projekt nicht weiter zu unterstützen. Die USA
fürchten, die Anlage könnte zum Bau von Atomwaffen mißbraucht
werden.
Buschir, das erste
Atomkraftwerk des Iran, wird derzeit von russischen Ingenieuren gebaut. Rußland ist ein traditioneller Verbündeter des Iran.
Zusammen mit China stellt es sich im UN-Sicherheitsrat gegen Sanktionen gegen Teheran.
Die USA, Großbritannien und Frankreich befürworten ein schärferes Vorgehen. Die
politischen Direktoren der Außenministerien der G-8-Staaten berieten hinter
verschlossenen Türen. Eigentlich sollte dabei der G-8-Gipfel im Juli in
St. Petersburg vorbereitet werden.
Der britische Premierminister Tony Blair sagte, ein
Angriff auf den Iran werde im Moment nicht diskutiert. Auf die Frage, ob er
eine Invasion ausschließe, antwortete Blair: "Ich habe immer wieder
gesagt, daß der Iran nicht der Irak ist, niemand
spricht über eine militärische Invasion." Dennoch sei jetzt nicht die
Zeit, "eine Botschaft der Schwäche" auszusenden.
Blairs Außenminister Jack Straw
sagte dem britischen Rundfunksender BBC, der Iran reagiere auf den wachsenden
internationalen Druck. Er sei dennoch überzeugt, daß
Teheran nicht wie vom UN-Sicherheitsrat gefordert bis Ende kommender Woche die
Urananreicherung einstellen werde. Der Weltsicherheitsrat hat dem Iran eine
Frist bis zum 28. April eingeräumt, seine Urananreicherung zu stoppen und
offene Fragen zu seinem Atomprogramm zu beantworten.
Unterdessen reiste ein Vertreter der iranischen Regierung
laut Medienberichten nach Moskau, um dort mit den europäischen Vermittlern zu
sprechen.
BM
Aus der Berliner Morgenpost vom 20. April
2006