Rajavi zu Gast bei Freunden

Chefin der iranischen »Volksmudschaheddin« auf Lobbytour im Europaparlament

Knut Mellenthin

Im Laufe dieser Woche, voraussichtlich am heutigen Dienstag abend, ist die Chefin der iranischen »Volksmudschaheddin« (MEK), Maryam Rajavi, zu Gast bei der Fraktion der Vereinigten Europäischen Linken/Nordische Grüne (GUE/NGL) im Europaparlament. Über die Einladung gibt es in der Fraktion Kontroversen. »Durchgeboxt« haben sie zwei Abgeordnete der Linkspartei.PDS, André Brie und Helmuth Markov. Beide arbeiten schon seit einiger Zeit eng mit der MEK zusammen und teilen nach eigenem Bekenntnis deren zentrale Aussagen zum Konflikt um das iranische Atomprogramm. Aus der Gruppe der Linkspartei.PDS im Europa-Parlament haben sich nach jW-Informationen Tobias Pflüger und Sahra Wagenknecht gegen die Einladung ausgesprochen. Vom Vorstand der Linkspartei.PDS wollte sich am Montag niemand zu der heiklen Visite äußern. Außenpolitikexperte Wolfgang Gehrcke war unterwegs auf einer mehrtägigen China-Reise.

In den nächsten Tagen wird die MEK-Chefin auch die konservativ-christdemokratische Fraktion (EPP-ED) besuchen. Das Präsidium des Europaparlaments hatte Anfang Juni die Einladungen an Rajavi zunächst kritisiert. Grund: Die MEK steht auf einer EU-Liste »terroristischer« Organisationen, zu denen jeder Kontakt abgelehnt wird. Eine Woche später gab das Präsidium dennoch grünes Licht für die Einladung an Rajavi. Schlitzohrige Begründung: Es lägen Erkenntnisse vor, daß sie nicht mehr Mitglied der MEK ist, sondern nur noch den »Nationalen Widerstandsrat« (NCRI) vertritt. Der NCRI ist eine Tarnorganisation der MEK, aber für ihn gilt nicht das generelle Kontaktverbot.

Am Sonnabend ließ sich Maryam Rajavi in ihrem Hauptquartier Bourget bei Paris von mehr als 10000 Anhängern aus ganz Europa feiern. Spiegel Online berichtete darüber am Sonntag unter der Überschrift »Hoffen auf die friedliche Revolution« im Ton der Hofberichterstattung. Rajavi wiederholte in ihrer Kundgebungsrede die zentralen Thesen der MEK: Der Westen sei durch jahrzehntelanges »Appeasement« gegenüber dem Iran dafür verantwortlich, daß dort noch nicht die von den Volksmudschaheddin geführte Revolution stattgefunden hat. Alle Verhandlungen mit dem Iran über sein ziviles Atomprogramm müssten sofort eingestellt werden. Stattdessen sollten umfassende, harte Sanktionen verhängt werden. »Das Regime« befinde sich in einer tödlichen Krise, so Rajavi, »das Morgenrot des Sieges und der Frühling der Freiheit sind nahe«. Außer der MEK und ihren ausländischen Freunden glaubt das freilich niemand.

04.07.06

Junge Welt

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Chefin der iranischen »Volksmudschaheddin« auf Lobbytour im Europaparlament

Knut Mellenthin

Im Laufe dieser Woche, voraussichtlich am heutigen Dienstag abend, ist die Chefin der iranischen »Volksmudschaheddin« (MEK), Maryam Rajavi, zu Gast bei der Fraktion der Vereinigten Europäischen Linken/Nordische Grüne (GUE/NGL) im Europaparlament. Über die Einladung gibt es in der Fraktion Kontroversen. »Durchgeboxt« haben sie zwei Abgeordnete der Linkspartei.PDS, André Brie und Helmuth Markov. Beide arbeiten schon seit einiger Zeit eng mit der MEK zusammen und teilen nach eigenem Bekenntnis deren zentrale Aussagen zum Konflikt um das iranische Atomprogramm. Aus der Gruppe der Linkspartei.PDS im Europa-Parlament haben sich nach jW-Informationen Tobias Pflüger und Sahra Wagenknecht gegen die Einladung ausgesprochen. Vom Vorstand der Linkspartei.PDS wollte sich am Montag niemand zu der heiklen Visite äußern. Außenpolitikexperte Wolfgang Gehrcke war unterwegs auf einer mehrtägigen China-Reise.

In den nächsten Tagen wird die MEK-Chefin auch die konservativ-christdemokratische Fraktion (EPP-ED) besuchen. Das Präsidium des Europaparlaments hatte Anfang Juni die Einladungen an Rajavi zunächst kritisiert. Grund: Die MEK steht auf einer EU-Liste »terroristischer« Organisationen, zu denen jeder Kontakt abgelehnt wird. Eine Woche später gab das Präsidium dennoch grünes Licht für die Einladung an Rajavi. Schlitzohrige Begründung: Es lägen Erkenntnisse vor, daß sie nicht mehr Mitglied der MEK ist, sondern nur noch den »Nationalen Widerstandsrat« (NCRI) vertritt. Der NCRI ist eine Tarnorganisation der MEK, aber für ihn gilt nicht das generelle Kontaktverbot.

Am Sonnabend ließ sich Maryam Rajavi in ihrem Hauptquartier Bourget bei Paris von mehr als 10000 Anhängern aus ganz Europa feiern. Spiegel Online berichtete darüber am Sonntag unter der Überschrift »Hoffen auf die friedliche Revolution« im Ton der Hofberichterstattung. Rajavi wiederholte in ihrer Kundgebungsrede die zentralen Thesen der MEK: Der Westen sei durch jahrzehntelanges »Appeasement« gegenüber dem Iran dafür verantwortlich, daß dort noch nicht die von den Volksmudschaheddin geführte Revolution stattgefunden hat. Alle Verhandlungen mit dem Iran über sein ziviles Atomprogramm müssten sofort eingestellt werden. Stattdessen sollten umfassende, harte Sanktionen verhängt werden. »Das Regime« befinde sich in einer tödlichen Krise, so Rajavi, »das Morgenrot des Sieges und der Frühling der Freiheit sind nahe«. Außer der MEK und ihren ausländischen Freunden glaubt das freilich niemand.

04.07.06

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