Menschenrechte in Iran?
Akbar Gandschi über seine Haft und die Repressionen Teherans 
 

Der 50-jährige Journalist und Regimegegner ist im März aus mehrjähriger Haft in Iran entlassen worden.
Foto: B. Gärtner

ND: Warum wurden Sie verhaftet?
Gandschi: Als ich 2000 von der Konferenz der Heinrich-Böll-Stiftung zum Thema »Reformen in Iran« aus Berlin zurückkehrte, wurde ich gemeinsam mit 17 anderen Journalisten und Intellektuellen auf dem Flughafen in Teheran verhaftet. Mir wurde »Gefährdung der staatlichen Sicherheit« sowie »Verbreitung von Propaganda« vorgeworfen. Um das öffentlich zu legitimieren und eine Solidaritätskampagne für mich zu unterbinden, wurde behauptet, ich hätte Spionage für den Westen betrieben und mich mit einem US-amerikanischen NATO-Offizier getroffen. Aber der wahre Grund meiner Verhaftung war meine politische bzw. journalistische Tätigkeit.

Sie waren im Evin-Gefängnis inhaftiert. Wie ist die Situation dort?
Es gibt verschiedene Bereiche, eine allgemeine Abteilung und dann noch zwei Sonderabteilungen, die sind so etwas wie ein Knast im Knast. Das ist der Trakt 209, der dem Geheimdienst unterstellt ist, und der Trakt 2a, dieser untersteht direkt den Revolutionsgarden Pasdaran. Die Inhaftierung dort bedeutet absolute Isolation, keine Bücher, Zeitungen, geschweige denn Fernsehen. In der allgemeinen Abteilung gibt es auch nur Zugang zu den staatlichen Medien, aber die Gefangenen können sich bei Besuchen von Verwandten und Bekannten über die aktuelle Situation informieren. Aber in den Trakten 209 und 2a gibt es keinerlei Ablenkung, keine Dusche, im Trakt 2a nicht einmal eine Toilette in den Zellen. Es gibt kein Wasser, keinen Tee. Bei jedem Gang auf die Toilette bekommen die Gefangenen eine Augenbinde, damit sie die Folterer nicht erkennen.

Offenbar kennen Sie den Trakt.
Ich war bis zu meiner Entlassung im März etwa sieben Monate im Trakt 2a in Isolationshaft, das ist wie ein Grab. Nicht einmal meiner Anwältin, der Friedensnobelpreisträgerin Shirin Ebadi, wurde der Kontakt zu mir erlaubt.

Sie haben eine Kampagne zur Freilassung aller politischen Gefangenen in Iran initiiert.
Die Kampagne fordert die bedingungslose Freilassung aller politischen Gefangenen. Symbolisch dafür werden drei Personen benannt, die inhaftiert, aber noch nicht verurteilt sind: ein Intellektueller, ein Gewerkschafter und ein Student. Am 14. Juli 2006 werden weltweit Iranerinnen und Iraner in einen dreitägigen Hungerstreik treten, um diese Forderung zu untermauern. Das ist zunächst eine zeitlich begrenzte Aktion, aber wir werden so lange öffentlich protestieren, bis unser Ziel erreicht ist.

Wie sieht die Medienlandschaft in Iran aus?
Es gibt im Prinzip nur staatliche Medien und selbst damit eine absolute Unterversorgung: Die größte Tageszeitung hat eine Auflage von 200 000 Exemplaren. Seit 2000 wurden mehr als 100 Zeitungen geschlossen, viele Medien gingen mehr und mehr zum Internet über. Nun werden auch die inländischen Internetmedien verfolgt. Journalisten werden willkürlich verhaftet: Kürzlich wurden vier Kollegen festgenommen, weil sie über eine Frauendemonstration berichtet haben. Die Organisation »Reporter ohne Grenzen« setzte deshalb Irans Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad auf die Liste der größten Feinde der Pressefreiheit.

Glauben Sie, dass Ahmadinedschad die Atombombe bauen lassen und auch zum Einsatz bringen würde, wenn er es könnte?
Letztlich reicht seine Macht dazu nicht aus. Aber: Ich bin fest überzeugt, dass die Fundamentalisten Atombomben bauen und einsetzen würden, wenn sie die Möglichkeit dazu hätten.

Fragen: Birgit Gärtner

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