Von Susanne Grautmann -der tagesspigel – Einer jungen Iranerin droht die Todesstrafe, weil sie eine Vergewaltigung abwehrte. Nur die Familie des Mannes, den sie tötete, kann ihr noch helfen. Der iranischstämmige Berliner Ramin Shahalimi (Name von der Redaktion geändert) fürchtet um das Leben seiner 26-jährigen Nichte Reyhaneh Jabbari. Sie sitzt in Teheran in der Todeszelle. Nach Angaben von Amnesty International kann die Vollstreckung des Urteils jederzeit erfolgen. Jabbari ist wegen vorsätzlichen Mordes verurteilt worden.
Amnesty International und der UN-Sonderberichterstatter zur Menschenrechtslage im Iran, Ahmed Shaheed, gehen aber davon aus, dass es Unregelmäßigkeiten in dem Verfahren gegen Jabbari gab, weil es sich bei dem Getöteten, Morteza Abdolali Sarbandi, um einen Ex-Mitarbeiter des Geheimdienstes handelt. Sie kämpfen für die Aussetzung der Urteilsvollstreckung und eine Wiederaufnahme des Verfahrens.
Jabbari habe in Notwehr mehrmals mit einem Messer in die Schulter des Täters gestochen
Einem Bericht des UN News Centre zufolge geht das UN-Büro für Menschenrechte davon aus, dass Sarbandi Jabbari, die als Raumausstatterin arbeitete, im Juli 2007 damit beauftragte, sein Büro umzugestalten. Am 7. Juli 2007 holte Sarbandi Jabbari von der Arbeit ab. Er fuhr mit ihr nicht in sein Büro, sondern in seine Wohnung. Auf dem Weg hielt er an einer Apotheke. Nach Auskunft ihres Onkels, der seinen wirklichen Namen aus Angst vor Repressalien nicht publik machen möchte, merkte Jabbari bei der Ankunft in der Wohnung sofort, dass etwas nicht stimmte. Sarbandi habe sie aufgefordert, ihr Kopftuch abzunehmen, was im Iran gegen das Gesetz verstößt. Als sie seiner Aufforderung nicht nachgekommen sei, habe Sarbandi die Tür geschlossen, sie an der Hüfte umfasst und zu ihr gesagt, dass sie ohnehin keine Chance habe, wegzulaufen. Jabbari habe sich gegen den Versuch einer Vergewaltigung zur Wehr setzen müssen und Sarbandi in Notwehr mehrmals mit einem Messer in die Schulter gestochen. Daraufhin sei sie geflüchtet. Sarbandi verblutete. Kurz danach wurde Jabbari festgenommen. Im Teheraner Evin-Gefängnis verbrachte sie ohne Zugang zu einem Rechtsbeistand oder ihrer Familie 56 Tage in Einzelhaft.
Zwei Jahre später kam es zum Prozess. Nach der ersten Sitzung sah es so aus, als würde Jabbari freigesprochen, weil sie in Notwehr handelte. In Sarbandis Wohnung hatte die Polizei Kondome und ein Glas Saft mit einem Schlafmittel gefunden. Beides hatte er in der Apotheke auf dem Weg zu seiner Wohnung gekauft. Doch der Richter wurde nach der ersten Sitzung ersetzt. Der neue Richter verurteilte Jabbari wegen Mordes zum Tode.
Nach iranischem Recht ist die einzige Hoffnung für Jabbari, dass die Familie des Toten auf die Vollstreckung des Urteils verzichtet. Inzwischen bemühen sich Menschenrechtsaktivisten weltweit darum, Druck auf Teheran auszuüben, damit der Fall neu verhandelt wird. Zurzeit steht nicht fest, ob die Vollstreckung des Urteils ausgesetzt werden wird.