Archiv für Juli 2014

Iran: Der politische Gefangene Davoodi in dringneder Todesgefahr

Mo, 21 Jul 2014 – NCR-Iran- Die Justiz des iranischen Regimes hat nach Berichten aus dem Iran den politischen Gefangenen Arzhang Davoodi wegen seiner Opposition gegen das iranische Regime zum Tode verurteilt. Er hat bereits 10 Jahre im Gefängnis verbracht.

Davoodi, ein Lehrer und 62 Jahre alt, wurde im Oktober 2003 verhaftet und zu 15 Jahren Haft verurteilt; die Strafe wurde später auf 20 Jahre verlängert.
Er ist in den vergangenen zehn Jahren gefoltert und mißhandelt worden. Er wurde in Einzelhaft gehalten; ihm wurde medizinische Behandlung verweigert.
Die Leitung des Bandar-Abbas-Gefängnisses sagte ihm, er werde bald nach Teheran verlegt werden.

Lange Haftstrafen für acht Facebook-Nutzer

14.07.2014- n.tv – Wegen regierungskritischer Kommentare auf der Online-Plattform Facebook sind acht junge Iraner zu langen Haftstrafen verurteilt worden. Ein Gericht verhängte Freiheitsstrafen zwischen elf und 21 Jahren gegen die namentlich nicht genannten Angeklagten, wie iranische Medien am Montag berichteten. Ihnen wurden demnach "Aktivitäten gegen die nationale Sicherheit, Propaganda gegen die Regierung und Beleidigung religiöser Werte sowie der iranischen Führung" zur Last gelegt.

Weitere Details wurden in den Berichten nicht genannt. Die iranische Regierung versucht systematisch, die Nutzung sozialer Netzwerke wie Facebook oder Twitter zu unterbinden. Dennoch äußern sich dort immer wieder Aktivisten mit Kritik. Der politisch moderat auftretende Präsident Hassan Ruhani hatte den Iranern zu seinem Amtsantritt im Juni 2013 mehr Freiheiten im Internet versprochen, trifft dabei aber auf den Widerstand konservativer Hardliner.
Quelle: n-tv.de , AFP

Die iranische Angst vor der Verhütung

10. Juli 2014 – Die Welt- Irans Führung hat Angst vor einer Überalterung des Landes – mit einer Kehrtwende will sie das verhindern. Gelder für kostenfreie Verhütung werden gekürzt, dauerhafte Sterilisation zur Straftat. Jahrelang wurden im Iran Kondome, die Pille und andere Verhütungsmittel von Staat bezuschusst, Eheleute wurden aufgeklärt und Sterilisationen staatlich unterstützt.

Damit ist es jetzt vorbei. Ein neues Gesetz soll künftig chirurgische Eingriffe, die Frauen oder Männer unfruchtbar machen, zu einer Straftat erklären, die mit zwei bis fünf Jahren Haft geahndet werden kann. Auch Werbung für Verhütung wird durch die Gesetzesvorlage, die am 24. Juni in der ersten Lesung vom Parlament verabschiedet wurde, strafbar. Denn die Führung des Landes will mehr Kinder, weil der Anteil der älteren Bevölkerung rapide anzusteigen droht.
Für diesen Kindersegen soll das neue Gesetz sorgen, für das 106 Abgeordnete mit "Ja" und 72 mit "Nein" gestimmt haben. Präsident Hassan Ruhani gefällt das nicht, er sprach sich dagegen aus.
Das Sterilisationsverbot, dem der Wächterrat noch zustimmen muss, ist eine absolute Kehrtwende in der Familienpolitik des Landes, die sich in den letzten Jahren der Amtszeit Mahmud Ahmadinedschads langsam abzeichnete. Seit vergangenem Juli steckt die Regierung das Geld nicht mehr in Aufklärung und kostenlose Verhütungsmittel, sondern in eine Verlängerung der Mutterschaftszeit von sechs auf neun Monate und einen zweiwöchigen Vaterschaftsurlaub. Sogar über Goldmünzen als Belohnung für Neugeborene wurde Medienberichten zufolge diskutiert.

Angst vor Überalterung

Mit diesen Maßnahmen verfolgt das Regime hochgesteckte Ziele: Mindestens verdoppeln will Ajatollah Ali Khamenei, der Oberste Führer des Landes, die Bevölkerung, die heute etwa 78 Millionen Menschen zählt. Zurzeit liegt das jährliche Bevölkerungswachstum laut Weltbank im Iran bei 1,3 Prozent (in Deutschland bei 0,2 Prozent) – ein vergleichsweise guter Wert. Selbst bei der aktuellen Geburtenrate von weniger als zwei Kindern wird die Zahl der Bewohner des Landes bis 2050 auf 100 Millionen ansteigen.
Die größte Sorge bereitet der iranischen Führung allerdings der ebenfalls starke Anstieg des Anteils der älteren Bevölkerung. Die Anzahl der Alten im Vergleich zu der Zahl der jüngeren Iraner wird in Zukunft stark zunehmen. Der Grund: In dem Land sank in nur 30 Jahren die Geburtenrate von fast sieben Kindern pro Paar auf heute weniger als zwei Kinder. Die kinderreichen Jahrgänge kommen schließlich irgendwann ins Seniorenalter.
"Ein junges Image ist essenziell und ein wichtiges Thema für das Land. Und die Länder, die mit Vergreisungsproblemen konfrontiert waren, sind nur sehr schwer darüber hinweggekommen", zitierte die offizielle Nachrichtenagentur Irna Khamenei. Die Geburtenkontrolle bezeichnete er heute als Fehler.

Gesetz bedeutet Rückschritt

Experten wie etwa Reiner Klingholz, Direktor des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung, hingegen loben das Land für seine bisher im Vergleich zu anderen islamisch geprägten Ländern eher vorbildliche Familienplanungspolitik. "Der Iran ist eigentlich ein relativ modernes Land, was man durch die Kruste des islamischen Systems oft nicht sieht. Es hat einen vergleichsweise hohen Bildungsstand, auch bei den Frauen. Außerdem leben die Iraner im Privaten einen relativ säkularen Lebensstil und 70 Prozent von ihnen wohnen in Städten. Diese Faktoren führen erfahrungsgemäß zu einer niedrigen Kinderzahl", sagt er der "Welt". Die Kriminalisierung von Sterilisation hält er für einen unsinnigen Schritt, der das negative Ziel verfolge, die sozioökonomischen Entwicklungen zurückzudrehen.
Dass dadurch die Geburtenzahl in die Höhe schnellt, bezweifelt er. "Wenn die Leute erst einmal ein gewisses Wissen und bestimmte Freiheiten haben, geben sie diese natürlich ungern wieder her. Das hat sich auch in Rumänien oder in Bulgarien gezeigt, wo zu kommunistischen Zeiten auch solche Gesetze eingeführt wurden. Diese hatten immer nur einen kurzen Effekt. Dann finden Menschen Mittel und Wege, die Verbote zu umgehen", sagt Klingholz.

Heirat und Kinder sind zu teuer

Auch angesichts der schlechten wirtschaftlichen Lage hält der Wissenschaftler es eher für unrealistisch, dass sich die Wünsche von Ajatollah Khamenei erfüllen werden: "In Ländern, in denen die Kinderzahl ohnehin gering ist, sinken die Geburtenraten in wirtschaftlichen Krisen weiter. Nur in ganz armen Ländern steigen die Kinderzahlen, wenn es dem Land schlechter geht." Zwar sind einige Wirtschaftssanktionen, die dem Iran im Rahmen des Atomstreits auferlegt wurden, wegen der Öffnung des Landes unter Präsident Ruhani gewichen. Dennoch, die Inflation liegt immer noch bei über 30 Prozent, und die Arbeitslosigkeit ist ebenfalls hoch.
"Viele junge Iraner ziehen es vor, weiter zu studieren und nicht zu heiraten. Die fehlenden finanziellen Voraussetzungen, um ein Haus zu kaufen und andere Ausgaben zu decken, sind ein andere Grund, aus dem die Jugend die Ehe aufschiebt und kein Interesse am Kinderkriegen hat", kommentiert Mohammad Jalal Abbasi, Leiter des Demografischen Instituts der Universität Teheran, gegenüber der Zeitung "The Telegraph" die Lage.
Anstelle von Verboten empfiehlt Demograf Klingholz, die Vorteile zu nutzen, die sich durch den zurzeit hohen jungen Bevölkerungsanteil im Iran bieten: "Der Iran ist jetzt in einer Phase des demografischen Bonus, da große Anteile der Bevölkerung im Erwerbsalter sind. Der Bonus hält etwa 40 Jahre an, und in dieser Zeit muss man den Wohlstand erwirtschaften, um die spätere Alterung zu überstehen." Dazu aber sei es notwendig, die vielen jungen Menschen auch mit Arbeit zu versorgen, also in die Wirtschaftsentwicklung zu investieren.
Der Versuch, mit Verboten für dauerhafte Verhütung und weniger Aufklärung die Geburtenrate zu steigern, könnte außerdem sogar gefährliche Folgen haben. "In Ländern, in denen beispielsweise Abtreibungen verboten sind, gibt es diese ja trotzdem, allerdings im Illegalen unter schlimmen Bedingungen, dann ist die Todesrate aber auch entsprechend hoch", sagt Demograf Klingholz. Das könnte auch im Fall von Sterilisationen geschehen. Weniger Staatsausgaben für kostenlose Verhütung wie Kondome könnte zur Folge haben, dass sich sexuell übertragbare Krankheiten wie HIV stärker verbreiten.

"Weniger Kinder, bessere Bildungschancen"

Einige Iraner dürften sich angesichts der Wünsche nach größeren Familien, die aus Reihen der iranischen Führung und Medienberichten zufolge auch in den Freitagspredigten laut werden, an die dunklen Kriegsjahre Anfang der 80er erinnert fühlen. Damals warb das Regime für Kinderreichtum – neue Kämpfer wurden gebraucht. Im Jahr 1986 lag das Bevölkerungswachstum mit drei Prozent pro Jahr sehr hoch. Nachdem der Konflikt mit dem Irak 1988 beendet war, hieß es plötzlich: "Weniger Kinder, bessere Bildungschancen."
Mit einem Programm zur Geburtenkontrolle, das 1989 eingeführt wurde und Aufklärung sowie frei zugängliche Verhütungsmittel für verheiratete Paare beinhaltete, sank die Geburtenrate von fünf Kindern pro Frau im Jahr 1990 bis 2011 auf 1,7 Kinder. Immerhin 79 Prozent der verheirateten Frauen zwischen 15 und 45 Jahren nutzten laut Weltbank im Jahr 2005 Verhütungsmittel, 16 Jahre zuvor waren es nur 49 Prozent.
Die Kleinfamilie wurde, wie schon zu Zeiten des Schahs, wieder gesellschaftsfähig. Dazu trugen auch die Aussagen der Führung bei, dass Geburtenkontrolle nicht gegen die islamischen Lebensgrundsätze verstoße.

"Eine Blume ist noch kein Frühling"

Bereits im vergangenen Winter allerdings signalisierten große Plakate in den Straßen der Städte, dass diese Phase bald vorbei sein sollte. "Eine Blume ist noch kein Frühling. Mehr Kinder, fröhlicheres Leben", hieß es auf Plakatwände, die an Teherans Straßen zu sehen waren, wie unter anderem Al-Monitor berichtete.
Zu sehen war darauf beispielsweise auf der einen Hälfte ein angestrengt dreinblickender Vater mit einem traurigen Kind auf einem Tandem, auf der anderen Hälfte des Plakats ein glücklicher Vater mit fünf lachenden Kindern auf dem Rad. Die Mutter allerdings fehlt auf dem Bild. Kritiker sprechen davon, dass dies der Tatsache geschuldet sei, dass Fahrrad fahren für Frauen im Iran als unislamisch gebrandmarkt ist.
Mehrere ausländische Medien berichteten im Dezember über eine Welle der Empörung über die Werbeplakate, auf denen die Mutter nicht gezeigt wurde. Die Nachrichtenseite "Radio free Europe" zitiert die iranische Frauenrechtlerin Sena Naseri mit den Worten: "Die Mutter wurde nicht nur von den Bildern verbannt, ihr werden die Freuden des Lebens verwehrt, ihr wird vorenthalten, mit ihrem Mann und ihren Kindern zu picknicken …, denn sie ist damit beschäftigt, Kinder zu kriegen. Sie ist eine Gebärmaschine.

Internet-Filmfest: Sieger kommt aus dem Iran

7. Juli 2014, Stern – Zürich – Ein düsterer Animationsfilm aus dem Iran über die Geschichte einer Hinrichtung hat den ersten Preis beim Viewster Online Film Fest gewonnen. Filmemacher Ali Zare Ghanatnowi erhielt für den 15-minütigen Kurzfilm "Dad's Fragile Doll" 70 000 Dollar (rund 51 000 Euro), teilte der Veranstalter am Montag mit. Unter den Gewinnern von insgesamt 100 000 Dollar Preisgeld war auch ein deutscher Beitrag:

der Kurzfilm "Your Place" der Filmemacherin Sylvia Borges kam auf den dritten Platz (7500 Dollar). Er zeigt eine Kennenlern-Geschichte, in der Mann und Frau ihre Schlüssel austauschen, um allein in der Wohnung des jeweils anderen aufzuwachen. Gekürt hatten die Sieger das Publikum und eine Jury.
Zu dem zum zweiten Mal organisierten Internet-Filmfest wurden rund 1000 professionell produzierte Filmbeiträge aus 70 Ländern eingereicht, etwa 500 durften teilnehmen. "Schon bei der zweiten Edition hatten wir eine halbe Million Besucher und verzeichneten mehrere zehn Millionen Kommentare und Interaktionen von Zuschauern und Kreativen in Social Media Kanälen", sagte Viewster-Vorstandschef Kai Henniges in Zürich. Das Filmfest soll vierteljährlich stattfinden.

Iranische Journalistin zu zwei Jahren Haft verurteilt

ZeitOnline – 7. Juli 2014 – Teheran (AFP) Eine iranische Journalistin ist wegen "Propaganda gegen das Regime" zu zwei Jahren Haft und 50 Peitschenhieben verurteilt worden. Die Kulturjournalistin Marsieh Rasuli, die insbesondere für die beiden Reformzeitungen "Schargh" und "Etemad" arbeitete, wurde zudem "der Störung der öffentlichen Ordnung durch die Teilnahme an Kundgebungen" schuldig befunden, wie sie am Montag selbst auf dem Kurzbotschaftendienst Twitter mitteilte.

Sie muss demnach am Dienstag ihre Haftstrafe im berüchtigten Ewin-Gefängnis im Norden Teherans antreten.