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Kleiderordnung im Iran – Kein Kopftuch? – Dann ist das Auto weg

Dienstag, 15. Dezember 2015 – n-tv – Im Iran herrscht seit der islamischen Revolution eine strenge Kleiderordnung für Frauen. Sie müssen weite Kleidung tragen und ein Kopftuch, das das Haar komplett verdeckt. Doch viele Frauen halten sich nicht daran. Das hat Konsequenzen.

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Revolution der Farben

16.11.2013 – Süddeutsche.de – Irans Präsident Rohani lockert die Kleiderordnung: Die Sittenpolizei muss sich von jetzt an zurückhalten, wenn sich Frauen unverhüllt in der Öffentlichkeit zeigen. Der Enkelin von Revolutionsführer Chomeini geht das noch nicht weit genug.
on Rudolph Chimelli

Irans Sittenpolizei darf künftig keine Frauen mehr auf der Straße verhaften, weil ihre Kleidung nicht den Vorschriften entspricht. Der Zwang, ein Kopftuch oder den traditionellen Tschador sowie einen weiten Mantel und lange Hosen zu tragen, war in den 34 Jahren des Bestehens der Islamischen Republik für viele Iranerinnen eines der größten Ärgernisse – das sie freilich selbst in den Zeiten härtester Repression mit Modetricks zu mildern wussten.
Präsident Hassan Rohani hatte während seines Wahlkampfs versprochen, unter seiner Herrschaft würden Frauen “sicher vor Belästigung auf der Straße und kämen in den Genuss voller Sicherheit”. Jetzt ordnete der Präsident an, die “Patrouillen des Wohlverhaltens” (Gaschte Erschad) würden künftig dem Innenministerium unterstellt, was in der Praxis eine Lockerung des Verhüllungsgebots gleichkommen dürfte.
Schon gleich nach der Wahl Rohanis im vergangenen Sommer waren die Sittenstreifen in ihrem Verhalten diskreter geworden. Auf die Frage, ob er die Art und Weise missbillige, mit der “unsere Frauen” in der Öffentlichkeit zu sittsamer Kleidung gezwungen würden, hatte Rohani während der Kampagne geantwortet: “Sicher tue ich das. Sittsamkeit geht über das Tragen des Hedschabs (des islamischen Kopftuchs) hinaus. Die Art wie die Wächter Keuschheit verstehen, weckt Widerspruch in unserer Gesellschaft. Es hat negative Ergebnisse, steht im Widerspruch zu den Lehren des Islam und ist verfassungswidrig.”
Der Chef der iranischen Polizei, General Ismail Ahmadi-Moghaddam, bestätigte, wie Frauen sich kleideten, sei nicht mehr eine Angelegenheit der Gesetzesüberwachung. Die Regierung habe das Thema einem Ausschuss übertragen, der die Ziele und das mit ihrer Verwirklichung betraute Personal bestimmen solle. Zugleich beklagte der General, dass die Missbräuche der Sittlichkeitskampagne allein der Polizei angelastet worden seien. Tatsächlich seien 26 verschiedene Regierungsstellen mit dem Gaschte-Erschad-Projekt befasst gewesen und hätten dafür ein Millionen-Budget bezogen.
Selbsernannte Sittenwächter gehen gewaltsam gegen Frauen vor
Neben den Trupps der offiziellen Sittenpolizei hätten sich selbsternannte Sittenwächter und -wächterinnen hervorgetan. Sie sind wegen ihres rücksichtslosen Vorgehens beim Volk als Schläger und Rowdys verschrien. Oft kommt es zu hässlichen Szenen, wenn Frauen oder Mädchen gegen die Verhaftung protestieren und von den Helfern mit Gewalt zu den Polizeiautos geschleppt werden. Amateuraufnahmen zeigen im Internet solche Auftritte, deren Opfer Frauen mit sichtbarem Haar, enger Kleidung und starkem Make-up sind.
Eine Enkelin des Revolutionsführers Ayatollah Chomeini, Sahra Eschraghi, sagte in einem Interview mit der arabischen Zeitung Schark-al-Aussat: “Ich glaube, jeder sollte sich nach seiner Einstellung kleiden. Ich war immer dagegen, wie die Beamtinnen sich anziehen. Wenn sie den Islam fördern wollen, können sie auch elegantere Kleider und Schleier tragen.” Ihr Großvater habe die schwarze Farbe der meisten Tschadore immer unpassend gefunden. Auf die derzeitige Sprecherin des iranischen Außenministeriums angesprochen, die stets einen schwarzen Tschador trägt, sagte Sahra Eschraghi: “Sie sollte sich das anders überlegen und helle Farben tragen. Als Vertreterin des Außenministeriums wird sie in der ganzen Welt gesehen. Kleider sind sehr wichtig.”
Weil sie sich selber immer in farbenfroher Kleidung zeigt, wird Sahra Eschraghi, die mit dem jüngeren Bruder des ehemaligen Reformpräsidenten Mohammed Chatami verheiratet ist, häufig kritisiert. Sie verteidigt sich damit: “Wem das nicht gefällt, der braucht mich ja nicht anzuschauen.” Ferner weist sie darauf hin, ihre Mutter und Schwestern seien so gekleidet wie sie. Auch ihre verstorbene Großmutter, die Frau des Revolutionsführers, habe so gedacht.
Über das Internet will die Enkelin des Ayatollah die iranischen Frauen zu einer Farben-Revolution sowie dazu aufrufen, fröhlichere Farben zu wählen. Sie fordert: “Die ganze Kleiderordnung muss abgeschafft werden.” Von Präsident Rohani erhofft sie sich, dass er ihr diesen Wunsch erfüllt.