Donnerstag, 10.04.2014 – Spigel Online – Das EU-Parlament hat Irans Umgang mit den Menschenrechten kritisiert. Teheran ist empört und teilt seinerseits aus. Der Chef der iranischen Justiz wirft den Europäern nun vor, sie würden in Iran Homosexualität und Promiskuität verbreiten.
Die wütende Reaktion hat nicht lange auf sich warten lassen. Vergangene Woche hatte das Europäische Parlament die Menschenrechtsverletzungen in Iran kritisiert, die auch unter Präsident Hassan Rohani unvermindert weitergingen. Nun meldet sich Teheran zu Wort – und wie.
“Diese Erklärung ist wertlos und verdient keine Aufmerksamkeit”, wetterte Irans Justiz-Chef Sadegh Laridschani am Donnerstag in einer Rede vor Beamten in Teheran. “Das zeigt die Arroganz des Westens.” Zudem warf er der EU vor, Homosexualität und Promiskuität in Iran zu verbreiten, berichtete die britische Zeitung “The Guardian”.
Homosexualität, außerehelicher Sex oder wiederholter Ehebruch können in Iran mit dem Tod bestraft werden. Das Europäische Parlament hatte in seiner Resolution unter anderem die “andauernde Unterdrückung und Diskriminierung auf Basis von Religion, Ethnie, Geschlecht oder sexueller Orientierung” kritisiert neben “systematischen Verletzungen von Grundrechten” wie der Beschränkung der Meinungsfreiheit oder der Hinrichtung von Minderjährigen. Das Parlament lobte, dass unter Rohani zumindest ein paar politische Häftlinge entlassen wurden.
Die Kritik aus Europa ist für Teheran ein sensibles Thema. Rohanis Kurs, mit dem Westen über Irans Atomprogramm ernsthaft zu verhandeln, ist umstritten. Das Misstrauen gegenüber dem Westen ist groß. Die Hardliner nutzen jede Gelegenheit, um dessen Absichten zu hinterfragen und Rohanis Politik zu torpedieren.
Außenminister Sarif versucht zu beruhigen
Am Wochenende hatte die europäische Menschenrechtskritik bereits in Irans Parlament für Aufruhr gesorgt. Die iranischen Parlamentarier sagten empört eine bereits geplante Delegationsreise nach Europa wieder ab.
Rohanis Außenminister Mohammed Dschawad Sarif versuchte daraufhin, die aufgebrachten iranischen Politiker zu beruhigen: Das Europäische Parlament habe weder die Kompetenz noch die moralische Autorität, um die internationalen Verhandlungen mit Iran zu beeinflussen. Die Resolution sei von Gruppen geschrieben worden, die den “Zionisten” nahe stünden, wie die israelische Regierung von Teheran manchmal bezeichnet wird. Sarif versicherte, er werde nicht zulassen, dass die Resolution irgendeinen Einfluss auf die Atom-Gespräche hätten.
Denn in seiner Resolution hatte das Europäische Parlament gemahnt, die Menschenrechtslage in Iran bei den Verhandlungen nicht zu vergessen. Bei den Atom-Gesprächen mit Iran, die im Mai fortgesetzt werden sollten, spielen Menschenrechtsbedenken keine Rolle. Es geht um technische Fragen. Noch immer ist man sich uneins, inwieweit Irans Atomprogramm beschränkt werden soll und inwiefern Teheran bereit ist, diese Beschränkungen international überwachen zu lassen.
Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton hatte bei ihrem letzten Besuch in Teheran allerdings auch sechs Oppositionsaktivistinnen getroffen, sehr zum Ärger der Iraner.
ras