Der Iran verurteilt Atena Faraghdani wegen Karikaturen zu 12,5 Jahren Gefängnis

Atena Farghadani steht am Dienstag, den 18. Mai, mit Anklagen wie der Beleidigung von Parlamentsmitgliedern sowie Propagandaverbreitung gegen die Regierung, vor Gericht. Photo: Facebookseite “Free Atena”.

17 Juni 2015 – globalvoicesonline – Dieser Artikel ist zuerst erschienen auf iranhumanrights.org und wird hier in Zusammenarbeit mit der Nichtregierungsorganisation “International Campaign for Human Rights in Iran” (Internationale Kampagne für Menschenrechte im Iran) veröffentlicht.

Ein Revolutionsgericht in Teheran hat die Künstlerin und Menschenrechtlerin Atena Faraghdani wegen Zeichnungen und regierungskritischen Inhalten, die sie auf ihrer Facebookseite gepostet hatte, zu 12,5 Jahren Gefängnis verurteilt.

Faraghdanis Anwalt, Mohammad Moghimi, gab in einem Interview mit der Internationalen Kampagne für Menschenrechte im Iran an, dass das Strafmaß gemäss Artikel 134 des neuen Islamischen Strafgesetzbuchs des Landes auf 7.5 Jahre verkürzt werden soll. Der Artikel sieht vor, dass, falls sich ein Individuum in mehreren Anklagepunkten verantworten muss, die Höchststrafe auf das Vergehen mit der schwersten Strafe beschränkt wird.
Moghimi deutet darauf hin, dass der Beschluss des Richters auf die “Berücksichtigung” von Artikel 134 hinweise. Der Anwalt fügte hinzu, dass eine 7,5-jährige Gefängnisstrafe “die Höchststrafe für die Anklage wegen ‘Versammlung und geheimer Absprachen gegen die nationale Sicherheit’” (die schwerste der ihr vorgeworfenen Anklagen) sei.
“Die friedvolle Äußerung von Dissens bleibt eine rote Linie im Iran,” sagt Hadi Ghaemi, Vorsitzender der Kampagne. “Überschreite sie und du riskierst, ins Gefängnis zu wandern.”
Ghaemi fügte hinzu, dass die Behörden die sozialen Netzwerke fürchten, die sich im Iran immer mehr großer Beliebtheit erfreuen, vor allem unter jungen Leuten. Beamte sind besonders hart gegen jegliche Online-Inhalte vorgegangen, die auch nur im Entferntesten als regierungskritisch angesehen wurden.
“Der Gerichtsbeschluss ist ihr und mir selbst heute vorgelegt worden [1. Juni 2015]. Wir haben 20 Tage, um in Berufung zu gehen und wir hoffen, dass dieser Beschluss vom Berufungsgericht gekippt wird,” sagte Moghimi, Faraghdanis Anwalt.
Die Anklagen gegen die Aktivistin sind “Versammlung und geheime Absprache gegen die nationale Sicherheit,” “Regierungspropaganda” und “Beleidigung des Obersten Führers, des Präsidenten, Parlamentsmitgliedern und der IRGC [Revolutionsgarden]-Aufseher [die sie befragt hatten].”
Nach fünf Monaten Haft in den Gefängnissen Gharchak und Evin wurde das Urteil gegen Faraghdani in der Abteilung 15 des Revolutionsgerichts von Teheran unter Richter Salavati gefällt, einem bekannten Richter, der aufgrund der harten und langen Strafen, die er auferlegt, laufend ausgewählt wird, um bei Fällen zur “nationalen Sicherheit” den Vorsitz zu übernehmen, die von Sicherheits- und Geheimdiensten gegen politische und bürgerliche Aktivisten vorgebracht werden. Salavati ist der Richter, der beim Prozess des Washington Post Reporters Jason Rezaian den Vorsitz hat.
Moghimi merkte an, dass eines der Beweisstücke, das gegen seine Mandantin vorgebracht wurde, die Tatsache war, dass sie auf ihrer Facebookseite eine Karikatur veröffentlichte, die Mitglieder des iranischen Parlaments als Tiere darstellte. Weitere Beweise beinhalteten Faraghdanis kritische Schriften, die auch auf Facebook veröffentlicht wurden, sowie ihre Besuche bei den Familien politischer Gefangener und Protestanten, die in der Polizeistation von Kharizak im Jahre 2009 in der Folge der umstrittenen iranischen Präsidentschaftswahlen getötet worden waren.
“Nach unserer Gesetzgebung gelten Aktivitäten in sozialen Netzwerken nicht als Straftat. In demokratischen Ländern ist es gängige Praxis, Karikaturen zu erstellen, um die Machthabenden zu kritisieren. Meine Mandantin ist eine Künstlerin, die ihre Gedanken durch das Zeichnen von Karikaturen ausdrückt und sie hatte die Absicht, diejenigen zu kritisieren, die an der Macht sind.,” sagte Mohammad Moghimi der Kampagne.
“Darüber hinaus besagt Artikel 8 der iranischen Verfassung, dass es jedem einzelnen obliegt, ‘Laster zu verhindern und Tugenden zu fördern’ und dabei handelt es sich um eine zweiseitige Verantwortung, die Nation und Staat einander gegenüber haben. Die Äußerung von Kritik ist auch ein Teil des Rechts auf Meinungsfreiheit und freie Meinungsäußerung,” sagte Moghimi.
Sicherheitsbeamte hatten die Malerin und Bürgerrechtlerin Atena Faraghdani am 24. August 2014 festgenommen und in die Abteilung 2-A des Evin-Gefängnisses überführt. Sie kam am 2. November 2014 auf Kaution frei. Später veröffentlichte sie ein Video von sich, in dem sie beschrieb, wie sie von weiblichen Gefängnisaufseherinnen in einer Einzelzelle des Evin-Gefängnisses gewaltsam durchsucht wurde. Es wurde ihr befohlen, ihre Kleidung abzulegen, was sie verweigert hatte. Das Video wurde in den sozialen Netzwerken vielfach gesehen und diskutiert.
Nachdem das Video veröffentlicht worden war wurde Faraghdani am 10. Januar 2015 in die Abteilung 15 des Revolutionsgerichts von Teheran vorgeladen, festgenommen und in das Gefängnis Gharchak in Varamin, außerhalb Teherans, überführt.
Atena Faraghdani unterzog sich einem Hungerstreik, um gegen ihre Verlegung in das erbärmliche Gharchak-Gefängnis zu protestieren, wo politische Gefangene nicht von Schwerverbrechern getrennt werden und damit gegen das Trennungsprinzip von Gefangenen verstoßen wird.
Nachdem sich ihr Gesundheitszustand erheblich verschlechtert hatte und sie am 26. Februar 2015 in ein Krankenhaus verlegt worden war, haben juristische Behörden am 2. März ihre Rückverlegung in das Evin-Gefängnis veranlasst, wo sie sich seither aufhält.

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