08. August 2016 – lessentiel.- Ein iranischer Wissenschafter wurde Jahre nach der Weitergabe von Informationen an die USA für schuldig befunden und hingerichtet. Es ist eine mysteriöse Geschichte um Spione, Agenten und Millionen, die sich um das umstrittene und durch das Abkommen von 2015 erst einmal entschärfte Atomprogramm des Irans rankt. Ein Atomforscher wird nun Jahre später für die Weitergabe von Informationen gehängt.
Ein iranischer Atomforscher, der Informationen über das umstrittene Atomprogramm des Landes an die USA weitergegeben hat, ist exekutiert worden. Shahram Amiri sei getötet worden, weil er den Feind mit wichtigen Informationen versorgt habe, sagte ein Justizsprecher am Sonntag der staatlichen Nachrichtenagentur Irna. Damit gab die Islamische Republik erstmals zu, einen einst öffentlich als Helden gefeierten Mann im Geheimen verhaftet, vor Gericht gestellt und zum Tode verurteilt zu haben.
In Saudi-Arabien verschwunden
Amiri war 2009 während einer Pilgerreise nach Medina in Saudi-Arabien verschwunden und später auf in den USA gedrehtem, aber widersprüchlichen und im Internet veröffentlichen Videofilmen aufgetaucht. Er kehrte 2010 in den Iran zurück und wurde anfänglich als Held gefeiert. In Interviews sagte Amiri, er sei von Spionen aus den USA und Saudi-Arabien entführt und festgehalten worden. US-Beamte hatten der Nachrichtenagentur AP2010 gesagt, sie hätten Amiri um die fünf Millionen Dollar gezahlt, damit er überlaufe und «bedeutende» Informationen über das umstrittene Atomprogramm liefere.
Die USA und fünf weitere Länder schlossen schließlich 2015 mit dem Iran das historische Abkommen, mit dem Teheran Atomaktivitäten reduzierte und im Gegenzug Wirtschaftssanktionen fielen. Unklar war zunächst, warum Amiri jetzt – und damit Jahre nach dem Vorfall und ein Jahr nach Abschluss des Abkommens – hingerichtet wurde.
Todesanzeige erschienen
Der 1977 geboren Amiri wurde vergangene Woche gehängt, als der Iran auch ein Gruppe kurdischer Kämpfer exekutierte. Justizsprecher Gholamhosein Mohseni Edschehi sagte am Sonntag vor Journalisten, Amiri habe Zugang zu Geheiminformationen gehabt, die im Zusammenhang mit «unserem (…) Feind Nr. 1, Amerika, dem Großen Satan» in Verbindung stünden, sagte er. Edschehi erklärte aber nicht, warum die iranischen Behörden niemals seine Verurteilung bekanntgegeben hatten. Amiri habe Zugang zu Anwälten gehabt, betonte er.
Amiris Vater hatte 2015 der BBC gesagt, sein Sohn werde an einem geheimen Ort festgehalten. Vergangene Woche war dann in seinem Heimatort Kermanscha rund 500 Kilometer südlich von Teheran eine Todesanzeige erschienen.
In den USA gefoltert
In den verschiedenen Videofilmen sagte Amiri zum einen, er sei entführt worden und halte sich im US-Staat Arizona auf. In einem anderen, professionell gedrehten hieß es, er habe nichts gegen sein Heimatland unternommen und wolle in den USA nur seinen Doktor machen. Nach einem weiteren Video, das dem vorhergehenden widersprach, erschien Amiri den Angaben zufolge in der pakistanischen Botschaft in Washington und bat um eine sichere Rückkehr in den Iran, wo auch seine Frau und Kinder geblieben waren.
Amiri bezeichnete sich nach seiner Rückkehr selbst als einfachen Wissenschaftler, der an der Universität gearbeitet und keine Geheiminformationen besessen habe. Die fünf Millionen Dollar soll er bei seiner Ausreise aus den USA nicht mitgenommen haben. Nach seinen Angaben war er in den USA in Präsenz auch des israelischen Geheimdienstes mental und physisch gefoltert worden.
(L’essentiel/chk/sda)
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