26/10/2017 – EuroNews – Seit zwei Jahren lässt der Iran auch Illegale am Unterricht in den öffentlichen Schulen teilnehmen.
Rund 2,5 Millionen Afghanen waren laut UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR 2016) als registrierte Flüchtlinge über die Welt verstreut. Afghanistan steht damit auf Platz zwei der Herkunftsländer. Fast eine Million dieser registrierten afghanischen Flüchtlinge leben laut UNHCR (Juli 2017) im Iran – sowie etwa zwei Millionen weitere illegale afghanische Flüchtlinge, Menschen ohne Papiere, schätzt die iranische Einwanderungsbehörde.
Die Provinz Kerman im Süden des Irans ist die Provinz mit dem höchsten Anteil an Zuwanderern im Verhältnis zur Einwohnerzahl: Rund zehn Prozent der drei Millionen Einwohner sind Afghanen. Einige von ihnen kamen vor fast vierzig Jahren hierher.
Menschen zweiter Klasse
Schätzungsweise etwa 130.000 Afghanen in Kerman leben als Illegale, sie wurden nie als Flüchtlinge registriert und haben keine Papiere – und damit keine oder nur wenige Rechte, egal, wie lange sie schon hier leben. Menschen zweiter Klasse.
Der 13-jährige Said zum Beispiel, er wurde hier geboren. Als Illegaler hatte er kein Recht, in die Schule zu gehen. Bis der Iran 2015 ein Dekret verabschiedete, das allen Flüchtlingen, auch den illegalen, Zugang zu öffentlichen Schulen erlaubte. Ein Meilenstein – und für tausende Flüchtlingskinder das Tor zu einer neuen Welt. Oder, um es mit Saids Worten auszudrücken: “Ich kann alles lesen, alles, was ich will, zum Beispiel Straßenschilder oder das Rezept eines Arztes im Krankenhaus.”
Das Dekret von 2015 in die Praxis umzusetzen, hieß zuerst einmal, dass Flüchtlingsfamilien ohne Papiere bei der Anmeldung ihres Kindes in der Schule nicht die Abschiebung riskieren. Was illegale Afghanen im Iran seit Jahren fürchten müssen.
(Mehr zum Leben der Illegalen und den Abschiebungen siehe
NZZ und Berliner Zeitung)
Ansturm auf die Schulen: Tausende neue Schüler
Außerdem mussten die Schulen für die vielen neuen Schüler vorbereitet werden. Dafür stockte auch die EU ihre finanzielle Hilfe über ihre Partner im Iran wie die Hilfsorganisation Norwegian Refugee Council (NRC) auf. Olivier Vandecasteele, NRC-Landeschef im Iran: “Wir haben rund vierzig Schulen im Land unterstützt – vor allem bei der Ausrüstung und Sanierung von Schulen, damit sie wieder geöffnet werden können: Diese Schule, die Sie hinter mir sehen, war zum Beispiel mehrere Jahre lang geschlossen. Wir haben auch etliche Programme für Kinder organisiert, die aufgrund ihres Status jahrelang aus dem Schulsystem ausgeschlossen waren. Sie brauchen deshalb Förderklassen zum beschleunigten Nachholen, um in die Schule integriert werden zu können.”
Die EU stellte für die Unterstützung der afghanischen Flüchtlinge im Iran dieses Jahr gut zehn Millionen Euro zur Verfügung, der Kommissar für humanitäre Hilfe besuchte das Land zweimal. Schließlich hat auch Europa ein gesteigertes Interesse daran, dass es den Flüchtlingen im Iran besser geht…
Caroline Birch von der Abteilung für humanitäre Hilfe der EU hat über die Jahre einen Wandel bei den Bedürfnissen der afghanischen Flüchtlinge im Iran bemerkt: “Viel hat sich verändert, seit die ersten Afghanen vor über dreißig Jahren hierher kamen. Es geht jetzt weniger ums nackte Überleben, als darum, dass die Kinder die gesamte Grundschule durchlaufen, um später zur Oberschule gehen und vielleicht sogar studieren zu können.”
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