–Den Bauern geht das Wasser aus
Im Iran leiden hunderte Ortschaften unter Wassermangel. Das Problem hat eine grössere Sprengkraft als die US-Sanktionen.
02.02.2019 – SRF – Pascal Weber
Der Präsident weiss genau, wie gefährlich die Situation ist. Das Departement für Umwelt ist Hassan Rohani direkt unterstellt. Der stellvertretende Direktor des Departementes, Masoud Tajrishi, muss nicht den Umweg über einen Minister machen, wenn er Alarm schlagen will. Und Alarm schlägt Tajrishi: «Im letzten Jahr haben wir in manchen Teilen des Iran nur gerade 20 Prozent des normalen Niederschlags gemessen. Die Situation ist ernst. Sehr ernst!»
Der Iran will sich selbst ernähren
Natürlich spürt auch der Iran die globale Erwärmung. Das Land ist aufgrund seiner geografischen Lage überdurchschnittlich stark vom Klimawandel betroffen. Aber viele Gründe für die Trockenheit im Iran sind die Folgen der Politik. Der Iran will seit der islamischen Revolution vor 40 Jahren landwirtschaftlich autark sein.
Deshalb wurden die Bauern nach der Revolution mit Subventionen auf Wasser und Energie ermuntert, ihr Weideland in Ackerland und Obstplantagen umzuwandeln. «Dabei haben wir nie trockene Jahre eingeplant», seufzt Tajrishi. «Wir nutzen genau gleich viel Wasser, egal ob wir ein feuchtes, ein trockenes oder ein normales Jahr haben.» Da die trockenen Jahre immer mehr werden, steigt auch der Wasserverbrauch immer mehr.
Die Folge ist, dass immer mehr Grundwasser und Wasser aus Seen in die Landwirtschaft umgeleitet wird, was wiederum dazu führt, dass Seen austrocknen und der Grundwasserspiegel sinkt. Ein Teufelskreis.
Die Wasserknappheit hat eine politische Sprengkraft, welche diejenige der US-Sanktionen wohl übertrifft. «Wir Bauern haben keine Zukunft! Das Wasser, das du gesehen hast, ist vom letzten Jahr. Wenn es so bleibt wie jetzt, können wir nächstes Jahr unsere Felder nicht mehr bewässern.»
Akbar Ghadiri sitzt auf einem vertrockneten Holzblock und schenkt Tee ein. Ghadiri ist Bauer, sein Feld liegt nur wenige Kilometer oberhalb von Isfahan, einer der schönsten Städte des Iran, am Ufer des Zayanderud. Oder dessen, was früher der Zayanderud war: Der «Fluss des Lebens», so die Bedeutung des persischen Zayanderud, ist nurmehr ein ausgetrocknetes Bachbett.
Ghadiris Vater war schon Bauer, genauso wie sein Grossvater. Für sich selbst sieht Ghadiri keine Zukunft mehr: «Wenn wir unsere Felder nicht mehr bestellen können, wird es nicht mehr genügend Nahrungsmittel geben. Wenn es nicht genügend Nahrungsmittel gibt, werden die Preise steigen, und die Menschen beginnen zu hungern.» Und wer hungert, beginnt zu wandern.
<Am Ende haben wir eine Flüchtlingskrise, die ihr bis nach Europa spürt.>
Masoud Tajrishistellvertretender
Direktor des Umweltdepartements
«Wenn wir so weitermachen, bin ich nicht sehr optimistisch.» Masoud Tajrishi, der stellvertretende Direktor des Departementes für Umwelt, rührt besorgt in seinem Tee. «Die Krise in Syrien begann doch genau so: Es begann mit mehrjähriger Trockenheit. Das trieb die Preise in die Höhe, die Leute vom Land zogen in die Städte, es kam zu Unrast, und am Ende haben wir eine Flüchtlingskrise, die ihr bis nach Europa spürt.»
Dass es zuerst das Land und seine Regierung selber sind, die die Krise spüren werden, lässt Tajrishi unausgesprochen.
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