Keine Unterstützung für Mullahs im Iran        

Regimewechsel –  Der persische Stolz stirbt auf der Straße für ein besseres Leben ohne Mullahs / Kritik an einem Artikel von Katajun Amirpur

27.01.2020 – der Freitag- Kimia Shahverdi – In der „Süddeutschen“ erschien am 21. Januar einen Artikel der „Iran-Expertin“ Katajun Amirpur mit der Überschrift „Der persische Stolz“. Dort schreibt die Professorin für Islamwissenschaft am Orientalischen Seminar der Universität zu Köln über eine Zustandsbeschreibung der iranischen Gesellschaft im Zuge der iranischen Volksaufstände und dem Tod von Qassem Soleimani, dem Oberkommandeur der terroristischen Quds Force in den Revolutionsgarden (IRGC).

Begonnen wird der Artikel – nach einer kurzen Einführung – mit den „Heldentaten“ von Qassem Soleimani im Irak im Rahmen des Kampfes gegen IS. Dass diese islamistische Terrororganisation überhaupt nur entstand, weil sich die andere islamistische Terrororganisation der Revolutionsgarden – unter gnädigen Wegschauen der internationalen Gemeinschaft im Rahmen der Erpressung mit Kernwaffen und nach dem Rückzug der USA 2009 aus dem Irak – in der Region massiv ausbreitete, ist gleich der erste Fehler, der in diesem Artikel zu bemängeln ist.

Soleimani hat nicht „heldenhaft“ für die „Befreiung“ des Irak durch IS gekämpft. Er hat vor allem unter anderem in der al-Anbar Region in Falludschah und anderen Städten des Bezirkes ethnische Säuberungen an der sunnitischen Zivilbevölkerung vornehmen lassen. Soleimani‘s Quds Force sind auch an Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Syrien beteiligt gewesen und sie ließen auf Wunsch der Regierungen die Demonstranten im Irak und Iran zusammen schießen. Solch einen Verbrecher gegen die Menschlichkeit, der zudem für die Ermordung tausender irakischer Intelektuelle und hunderter US Soldaten verantwortlich war, als Helden zu titulieren, ist einfach nur eine Verklärung der Tatsachen und sie verdrängt auch, dass im Iran bereits seit Monaten zahlreiche Poster von Soleimani und seinem Meister Khamenei herunter gerissen und verbrannt wurden.

Der nächste Fehler ist die Vermutung, dass Volk würde jede Regierung mehr lieben, als eine Einmischung von außen. Je nachdem, was man unter Einmischung verstehen will, wird diese nicht belegte Aussage durch die Proteste im Iran nicht untermauert. Das iranische Volk liebt die westlichen Werte von Menschenrechten, Demokratie und Gleichberechtigung der Geschlechter. Es wünscht sich mehr Unterstützung von den Vereinten Nationen und der internationalen Gemeinschaft im Hinblick auf die Isolation des Mullahregimes. Dies ist in den Slogans der Volksaufstände zu hören gewesen.

Das Einzige, was der iranische demokratische Widerstand ablehnt, ist eine militärische Intervention von Außen. Doch die Iraner wissen auch, dass ihr Land nach dem Sturz des Regimes nur mit internationaler Hilfe wieder aufgebaut werden kann. Sie wollen ein Teil der internationalen Gemeinschaft sein und sich an deren Regeln und Vorteile halten. Dafür werden sie zuerst erst einmal das Mullahregime beseitigen und in freien Wahlen ihre Regierung bilden und dann werden sie die internationale Unterstützung dort zulassen, wo es ihrem Land einen Nutzen bringt.

Die Iraner sind ein patriotisches und stolzes Volk und lieben ihre Kultur, da hat Frau Amirpur recht. Aber es waren vor allem die Revolutionsgarden und das Mullahregime, welche die Kulturstätten von Iranern zerstören ließen, allen voran von ethnischen und religiösen Minderheiten.

Der angebliche Wunsch des iranischen Volkes nach „Nicht-Einmischung“ kann als ein weiterer verzweifelter Versuch der Verfechter der Beschwichtigungspolitk verstanden werden, die Existenz des iranischen Regimen noch in irgendeiner Weise zu rechtfertigen und damit das Versagen dieser Politik nicht eingestehen zu müssen.

Weil ihnen die Fakten ausgehen (1500 Tote Demonstranten, Beteiligung von Rouhani‘s Justizminister am Massaker von 1988, fortgesetzte Menschenrechtsverbrechen) und auch das Märchen vom „moderaten Mullah“ Rouhani gescheitert ist, müssen nun andere Dinge als Begründung für den Erhalt des klerikalen Regimes produziert werden. Dass dafür jedoch ausgerechnet das iranische Volk nach 120.000 Toten Dissidenten und Millionen Flüchtlingen unter der Mullahdiktatur heran gezogen wird, ist einfach nicht akzeptabel.

Das iranische Volk ist zu Hunderttausenden auf die Straßen gegangen. Millionen weitere Iraner taten es nur deshalb nicht, weil sie vor den Androhungen von Folter- und Hinrichtung zu viel Angst haben. Die Claqueure von Soleimani und Co. bestehen hauptsächlich aus denen, die noch vom Regime profitieren und die Angst vor Veränderungen haben. Doch das ist eine kleine Schicht im Iran.

Vor allem die zahlenmäßig starke junge Generation, die nur die Mullahs kennen gelernt hat sowie die iranischen Frauen, die endlich frei und gleichberechtigt sein wollen, wünschen sich nichts sehnlicher, als endlich in einem Land leben zu können, wo Staat und Religion getrennt sind, wo Gleichberechtigung herrscht und wo jeder Mensch nach seiner Façon glücklich werden kann.

Dies sind auch die westlichen Grundwerte. Dies ist es, was das iranische Volk von außen mitnehmen möchte. Es möchte ein modernes und freies Land sein. Und dafür stehen alle Regierungen unter dem velayat-e faqih System (oberste Herrschaft des Klerus) im Weg.

Und daher rufen die Demonstranten „Tod dem Unterdrücker, egal ob er oberster Führer oder Schah heißt.“ Sie bringen Opfer für den Stolz der iranischen Nation auf den Straßen. Sie sterben für den Stolz einer freien Nation. Sie sterben für den Stolz einer gleichberechtigten Nation und für den Stolz der Freiheitskämpfer, die alles dafür gaben, dass der Iran eines Tages so leben kann, wie die Nationen in Europa und in den USA seit langer Zeit tun.

Die aufgebrachten Mengen im Iran haben deutlich gemacht: sie wollen gar keine Mullahs mehr. Sie wollen keinen Soleimani, keine Verbrecher gegen die Menschlichkeit und auch keinen Rouhani. Das Volk will natürlich keine ausländische militärische Intervention, aber es wünscht sich sehr wohl einen friedlichen und normalen Umgang mit der internationalen Gemeinschaft. Einen Umgang, der von Respekt und Nachbarschaft und nicht von Erpressung mit Atomwaffen und dem Bruch internationaler Konventionen gekennzeichnet ist.

Und an diesem Wunsch wird niemand etwas ändern. Auch nicht Frau Amirpur.

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