17.12.2013 – swiss-persian.ch – Bereits 1974 engagierte sich die deutsche Wirtschaft beim Aufbau des iranischen Atomprogramms. Das Unternehmen Kraftwerk-Union AG erhielt den Auftrag in der iranischen Stadt Bushehr zwei Reaktoren zu bauen.
1982 sollten die Arbeiten abgeschlossen sein, doch nach der iranischen Revolution 1979 wurde ein Reaktor nur zu 85% und das zweite lediglich zu 50% fertiggestellt und das Unternehmen beendete abrupt sein Engagement im Land. 1995 erhielt schließlich Russland den Auftrag für die Fertigstellung vom Reaktor in Bushehr.
Seit 2002 verschärfte sich der Konflikt mit dem Westen, vordergründig weil der Westen dem Iran ein militärisches Atom-Programm unterstellte. Wie die wirtschaftlichen Daten zeigen: der unumgängliche wirtschaftliche Schwenk des Iran von Westen nach Russland, China, Lateinamerika und Afrika sollte auch für Europa ein wirtschaftlicher Schaden bedeuten.
Deutschland und Iran haben nachweislich seit dem 17.Jahrhundert kulturelle und politische Beziehungen gepflegt. In der Pahlavi-Ära und vor allem nach der Machtergreifung Reza-Khans Anfang des 20. Jahrhunderts erlebten die Beziehungen ihre Blütezeit. Reza Khan glaubte durch eine Annäherung an Hitlers Regime vor allem die Industrialisierung vorantreiben zu können, politisch jedoch sollte dieser Schulterschluss mit Deutschland sein Ende besiegeln. Nach dem Reza-Khans Sohn Mohammadreza Pahlavi an die Macht gelangte wurden die Beziehungen zum Nachkriegsdeutschland wieder aufgenommen. Viele deutsche Unternehmen engagierten sich fortan in Iran. Der Iran investierte im Gegenzug auch in deutsche Unternehmen. Bis heute ist der Iran Anteilseigner einiger deutscher Industrieunternehmen.
Nach der Revolution von 1979 wurden die politischen Beziehungen zum Land reduziert, blieben jedoch aufrecht. Die iranische Industrie war traditionell sehr „deutsch“ geprägt: Maschinen und Anlagen sowie Prozesse wurden aufgrund der damals sehr geschätzten Qualität vorrangig aus Deutschland beschafft. Vor allem in den letzten zehn Jahren und der Verschärfung der Wirtschaftssanktionen der USA und der EU gegen den Iran verloren die deutschen Industrieunternehmen ein wichtigen und traditionell stabilen und sicheren Markt im Iran. Iranische Unternehmen, die weiterhin Interesse an einer Zusammenarbeit mit deutschen Unternehmen zeigten, mussten erkennen dass die erschwerten Bedingungen die Wirtschaftlichkeit in Frage stellten: überhöhte Bürokratie, Schwierigkeiten beim Zahlungsverkehr, Einstufung von Warengruppen, Unternehmen und Personen in Sanktionslisten sowie die Angst deutscher Unternehmen vor juristischen Konsequenzen in der Heimat ließen die Zusammenarbeit auf das wesentliche schrumpfen.
Zu den größten Nutznießern der Iran-Geschäfte zählten Dresdner Bank und die Deutsche Bank, die vor allem Milliarden-Kredite für Industrieunternehmen bereitstellten und auch Industrieunternehmen wie Daimler, Bayer, Hoechst, Thyssen Krupp sowie Siemens. Allein bis 1979 investierten deutsche Unternehmen 600 Millionen DM in Iran. Im Jahre 2000 setzte eine kleine Renaissance der deutschen Investitionen im Iran an: allein in dem Jahr investierten deutsche Unternehmen 90 Millionen DM im Iran. Noch in 2007 exportierte Deutschland Waren in Wert von 3,6 Milliarden Euro nach Iran und importierte für knapp 600 Millionen Euro Waren aus der islamischen Republik. 2008 betrug die Summe des gesamten bilateralen Handels 4,5 Milliarden Euro.
Doch seit 2012 hat Deutschland seine Stellung im iranischen Außenhandel an China und Russland eingebüßt. Allein in dem Jahr schrumpfte der Wert der exportierten Waren nach Iran um 18% auf 2,5 Milliarden Euro und iranische Exporte nach Deutschland halbierten sich gegenüber 2011 auf 330 Millionen Euro.
Die deutsche Industrie beklagt noch heute das Wegfallen des lukrativen Iran-Geschäfts und wirft den deutschen Regierungen vor auf Rücken der Industrie stellvertretend ideologische und politische Querelen auszutragen. Irans Industrie hat aus der Erfahrung der letzten Jahrzehnte gelernt: trotz des Interesses an europäischer und deutscher Waren ist heute mehr denn je die „Sicherheit“ in der Lieferkette entscheidend. Sollten sich die politischen Beziehungen zum Westen einigermaßen normalisieren könnte das Iran-Geschäft für deutsche und europäische Unternehmen aber wieder zu einem wesentlichen Bestandteil des Außenhandels werden. Doch nun müssen deutsche Unternehmen um die Gunst der iranischen Kunden mit Chinesen und andere konkurrieren.
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