Amnesty beklagt Zerstörung von Massengräbern in Iran

Eine Protestaktion in Berlin zeigt Porträts von Opfern der Massaker von 1988 © Sean Gallup/Getty Images

30-April 2018 – ZEIT ONLINE, AFP, jr – 1988 wurden im Iran Tausende Oppositionelle ermordet. Laut Amnesty International hat die Regierung die Verbrechen nicht aufgeklärt, sondern jahrelang Beweise vernichtet.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International wirft Iran vor, die Massengräber von politischen Gefangenen zerstört zu haben. Demnach wurden die Stätten zwischen 2003 und 2017 für den Bau von Straßen, Friedhöfen und Mülldeponien beseitigt. Dadurch habe das Mullah-Regime wichtige forensische Beweismittel vernichtet, heißt es in dem Bericht der Organisation. Die Menschenrechtlerinnen und Menschenrechtler fordern, die Totenstätten vor weiterer Zerstörung zu sichern, Beweismittel zu sammeln und eine unabhängige Untersuchung vorzunehmen.

Im Sommer 1988 wurden auf persönliche Anweisung des iranischen Revolutionsführers Ajatollah Ruhollah Khomeini im Teheraner Evin-Gefängnis und in anderen Haftanstalten Tausende kommunistische Häftlinge und Anhänger der sogenannten Volksmudschahedin hingerichtet. Wie viele Menschen insgesamt getötet wurden, ist unklar. Amnesty International geht von etwa 5.000 aus, andere Aktivisten sprechen hingegen sogar von mehr als 30.000 Opfern. Khomeinis damaliger Stellvertreter, Ajatollah Hossein Ali Montazeri, schätzt die Zahl in seinen Memoiren zwischen 2.800 und 3.800.

Montazeri war der einzige führende Politiker, der gegen die Tötungen protestiert hatte. Es existieren Tonbänder mit dem Ausruf Montazeris: “Das ist das größte Verbrechen in der Islamischen Republik!” Die Anweisungen Khomeinis, die Gefangenen zu töten, machte der Politiker in seinen Memoiren öffentlich. Wegen seiner Kritik fiel Montazeri in Ungnade: Er wurde nicht wie vereinbart der Nachfolger von Khomeini als Revolutionsführer, dem höchsten Amt im Staat und stand bis zu seinem Tod im Jahr 2009 unter Hausarrest.

Bis heute ignoriert die iranische Führung alle Forderungen nach einer Aufarbeitung der Hinrichtungen. Akteure, die daran beteiligt waren, beeinflussen noch heute die iranische Politik. Einer von ihnen ist Ebrahim Raisi. Der Kleriker gehörte damals als junger Staatsanwalt zu der vierköpfigen Kommission, die die Todesurteile verhängt hatte. Vor einem Jahr trat er dann bei den Präsidentschaftswahlen an und galt als einer der größten Konkurrenten von Hassan Ruhani, der die Wahl schließlich gewann.

 

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