Kurdische Stadt unter Kontrolle von Bevölkerung. Militär greift Autonome Region im Nordirak an
Von Ina Sembdner-26-09-2022- Junge Welt- Die Proteste im Iran infolge des Todes der jungen Kurdin Jina Amini in Polizeigewahrsam dauerten auch am Wochenende unvermindert an. Polizei und Geheimdienst haben die Teilnahme verboten und bei Verstößen mit juristischen Schritten gedroht. Offiziell starben bislang 41 Menschen, Menschenrechtsorganisationen sprechen von mindestens 54 Toten.
Das Teilnahmeverbot gilt auch für Medienvertreter, unter den seither inhaftierten Journalistinnen befindet sich etwa Nilufar Hamedi von der Zeitung Shargh. Sie war die erste, die den Fall Amini publik gemacht hatte. Sie und auch Kollegen von ihr sollen sich im berüchtigten Ewin-Gefängnis in der Hauptstadt Teheran befinden.
Amini war am 13. September von der »Sittenpolizei« wegen eines »nicht richtig« sitzenden Hidschabs festgenommen worden und verstarb drei Tage später. Das iranische Innenministerium hat Spekulationen über Polizeigewalt in dem Fall zurückgewiesen und behauptet, dass die junge Frau auf der Polizeiwache an einem Herzversagen gestorben sei. Die aus dem Osten des Landes stammende Amini war nur zu Besuch in Teheran. Die Demonstrationen nahmen in ihrer Heimatprovinz Kurdistan ihren Ausgang. Die kurdische Menschenrechtsgruppe Hengaw berichtete, dass Demonstranten Teile der Stadt Oschnawijeh (kurdisch: Sino) in der Provinz Westaserbaidschan nahe der Grenze zur Autonomen Region Kurdistan im Nordirak »unter ihre Kontrolle gebracht« hätten.
Die iranischen Justizbehörden dementierten, dass die Einsatzkräfte die Kontrolle über die Stadt verloren hätten. Am Sonnabend griffen die iranischen Streitkräfte »Stützpunkte kurdischer Separatistengruppen« im Nordirak an. Sie seien als »legitime Reaktion« auf vorherige Angriffe kurdischer Gruppen auf iranische Militärbasen im Grenzgebiet gerechtfertigt, wie die Nachrichtenagentur Tasnim berichtete. Derweil wurden laut der linken türkischen Tageszeitung Yeni Yasam vom Sonntag zahlreiche Spezialeinheiten der Polizei nach Sino entsandt, Internet- und Kommunikationsleitungen gekappt sowie eine große Verhaftungswelle vorbereitet.
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