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Iran: Der politische Gefangene Davoodi in dringneder Todesgefahr

Mo, 21 Jul 2014 – NCR-Iran- Die Justiz des iranischen Regimes hat nach Berichten aus dem Iran den politischen Gefangenen Arzhang Davoodi wegen seiner Opposition gegen das iranische Regime zum Tode verurteilt. Er hat bereits 10 Jahre im Gefängnis verbracht.

Davoodi, ein Lehrer und 62 Jahre alt, wurde im Oktober 2003 verhaftet und zu 15 Jahren Haft verurteilt; die Strafe wurde später auf 20 Jahre verlängert.
Er ist in den vergangenen zehn Jahren gefoltert und mißhandelt worden. Er wurde in Einzelhaft gehalten; ihm wurde medizinische Behandlung verweigert.
Die Leitung des Bandar-Abbas-Gefängnisses sagte ihm, er werde bald nach Teheran verlegt werden.

Lange Haftstrafen für acht Facebook-Nutzer

14.07.2014- n.tv – Wegen regierungskritischer Kommentare auf der Online-Plattform Facebook sind acht junge Iraner zu langen Haftstrafen verurteilt worden. Ein Gericht verhängte Freiheitsstrafen zwischen elf und 21 Jahren gegen die namentlich nicht genannten Angeklagten, wie iranische Medien am Montag berichteten. Ihnen wurden demnach "Aktivitäten gegen die nationale Sicherheit, Propaganda gegen die Regierung und Beleidigung religiöser Werte sowie der iranischen Führung" zur Last gelegt.

Weitere Details wurden in den Berichten nicht genannt. Die iranische Regierung versucht systematisch, die Nutzung sozialer Netzwerke wie Facebook oder Twitter zu unterbinden. Dennoch äußern sich dort immer wieder Aktivisten mit Kritik. Der politisch moderat auftretende Präsident Hassan Ruhani hatte den Iranern zu seinem Amtsantritt im Juni 2013 mehr Freiheiten im Internet versprochen, trifft dabei aber auf den Widerstand konservativer Hardliner.
Quelle: n-tv.de , AFP

Die iranische Angst vor der Verhütung

10. Juli 2014 – Die Welt- Irans Führung hat Angst vor einer Überalterung des Landes – mit einer Kehrtwende will sie das verhindern. Gelder für kostenfreie Verhütung werden gekürzt, dauerhafte Sterilisation zur Straftat. Jahrelang wurden im Iran Kondome, die Pille und andere Verhütungsmittel von Staat bezuschusst, Eheleute wurden aufgeklärt und Sterilisationen staatlich unterstützt.

Damit ist es jetzt vorbei. Ein neues Gesetz soll künftig chirurgische Eingriffe, die Frauen oder Männer unfruchtbar machen, zu einer Straftat erklären, die mit zwei bis fünf Jahren Haft geahndet werden kann. Auch Werbung für Verhütung wird durch die Gesetzesvorlage, die am 24. Juni in der ersten Lesung vom Parlament verabschiedet wurde, strafbar. Denn die Führung des Landes will mehr Kinder, weil der Anteil der älteren Bevölkerung rapide anzusteigen droht.
Für diesen Kindersegen soll das neue Gesetz sorgen, für das 106 Abgeordnete mit "Ja" und 72 mit "Nein" gestimmt haben. Präsident Hassan Ruhani gefällt das nicht, er sprach sich dagegen aus.
Das Sterilisationsverbot, dem der Wächterrat noch zustimmen muss, ist eine absolute Kehrtwende in der Familienpolitik des Landes, die sich in den letzten Jahren der Amtszeit Mahmud Ahmadinedschads langsam abzeichnete. Seit vergangenem Juli steckt die Regierung das Geld nicht mehr in Aufklärung und kostenlose Verhütungsmittel, sondern in eine Verlängerung der Mutterschaftszeit von sechs auf neun Monate und einen zweiwöchigen Vaterschaftsurlaub. Sogar über Goldmünzen als Belohnung für Neugeborene wurde Medienberichten zufolge diskutiert.

Angst vor Überalterung

Mit diesen Maßnahmen verfolgt das Regime hochgesteckte Ziele: Mindestens verdoppeln will Ajatollah Ali Khamenei, der Oberste Führer des Landes, die Bevölkerung, die heute etwa 78 Millionen Menschen zählt. Zurzeit liegt das jährliche Bevölkerungswachstum laut Weltbank im Iran bei 1,3 Prozent (in Deutschland bei 0,2 Prozent) – ein vergleichsweise guter Wert. Selbst bei der aktuellen Geburtenrate von weniger als zwei Kindern wird die Zahl der Bewohner des Landes bis 2050 auf 100 Millionen ansteigen.
Die größte Sorge bereitet der iranischen Führung allerdings der ebenfalls starke Anstieg des Anteils der älteren Bevölkerung. Die Anzahl der Alten im Vergleich zu der Zahl der jüngeren Iraner wird in Zukunft stark zunehmen. Der Grund: In dem Land sank in nur 30 Jahren die Geburtenrate von fast sieben Kindern pro Paar auf heute weniger als zwei Kinder. Die kinderreichen Jahrgänge kommen schließlich irgendwann ins Seniorenalter.
"Ein junges Image ist essenziell und ein wichtiges Thema für das Land. Und die Länder, die mit Vergreisungsproblemen konfrontiert waren, sind nur sehr schwer darüber hinweggekommen", zitierte die offizielle Nachrichtenagentur Irna Khamenei. Die Geburtenkontrolle bezeichnete er heute als Fehler.

Gesetz bedeutet Rückschritt

Experten wie etwa Reiner Klingholz, Direktor des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung, hingegen loben das Land für seine bisher im Vergleich zu anderen islamisch geprägten Ländern eher vorbildliche Familienplanungspolitik. "Der Iran ist eigentlich ein relativ modernes Land, was man durch die Kruste des islamischen Systems oft nicht sieht. Es hat einen vergleichsweise hohen Bildungsstand, auch bei den Frauen. Außerdem leben die Iraner im Privaten einen relativ säkularen Lebensstil und 70 Prozent von ihnen wohnen in Städten. Diese Faktoren führen erfahrungsgemäß zu einer niedrigen Kinderzahl", sagt er der "Welt". Die Kriminalisierung von Sterilisation hält er für einen unsinnigen Schritt, der das negative Ziel verfolge, die sozioökonomischen Entwicklungen zurückzudrehen.
Dass dadurch die Geburtenzahl in die Höhe schnellt, bezweifelt er. "Wenn die Leute erst einmal ein gewisses Wissen und bestimmte Freiheiten haben, geben sie diese natürlich ungern wieder her. Das hat sich auch in Rumänien oder in Bulgarien gezeigt, wo zu kommunistischen Zeiten auch solche Gesetze eingeführt wurden. Diese hatten immer nur einen kurzen Effekt. Dann finden Menschen Mittel und Wege, die Verbote zu umgehen", sagt Klingholz.

Heirat und Kinder sind zu teuer

Auch angesichts der schlechten wirtschaftlichen Lage hält der Wissenschaftler es eher für unrealistisch, dass sich die Wünsche von Ajatollah Khamenei erfüllen werden: "In Ländern, in denen die Kinderzahl ohnehin gering ist, sinken die Geburtenraten in wirtschaftlichen Krisen weiter. Nur in ganz armen Ländern steigen die Kinderzahlen, wenn es dem Land schlechter geht." Zwar sind einige Wirtschaftssanktionen, die dem Iran im Rahmen des Atomstreits auferlegt wurden, wegen der Öffnung des Landes unter Präsident Ruhani gewichen. Dennoch, die Inflation liegt immer noch bei über 30 Prozent, und die Arbeitslosigkeit ist ebenfalls hoch.
"Viele junge Iraner ziehen es vor, weiter zu studieren und nicht zu heiraten. Die fehlenden finanziellen Voraussetzungen, um ein Haus zu kaufen und andere Ausgaben zu decken, sind ein andere Grund, aus dem die Jugend die Ehe aufschiebt und kein Interesse am Kinderkriegen hat", kommentiert Mohammad Jalal Abbasi, Leiter des Demografischen Instituts der Universität Teheran, gegenüber der Zeitung "The Telegraph" die Lage.
Anstelle von Verboten empfiehlt Demograf Klingholz, die Vorteile zu nutzen, die sich durch den zurzeit hohen jungen Bevölkerungsanteil im Iran bieten: "Der Iran ist jetzt in einer Phase des demografischen Bonus, da große Anteile der Bevölkerung im Erwerbsalter sind. Der Bonus hält etwa 40 Jahre an, und in dieser Zeit muss man den Wohlstand erwirtschaften, um die spätere Alterung zu überstehen." Dazu aber sei es notwendig, die vielen jungen Menschen auch mit Arbeit zu versorgen, also in die Wirtschaftsentwicklung zu investieren.
Der Versuch, mit Verboten für dauerhafte Verhütung und weniger Aufklärung die Geburtenrate zu steigern, könnte außerdem sogar gefährliche Folgen haben. "In Ländern, in denen beispielsweise Abtreibungen verboten sind, gibt es diese ja trotzdem, allerdings im Illegalen unter schlimmen Bedingungen, dann ist die Todesrate aber auch entsprechend hoch", sagt Demograf Klingholz. Das könnte auch im Fall von Sterilisationen geschehen. Weniger Staatsausgaben für kostenlose Verhütung wie Kondome könnte zur Folge haben, dass sich sexuell übertragbare Krankheiten wie HIV stärker verbreiten.

"Weniger Kinder, bessere Bildungschancen"

Einige Iraner dürften sich angesichts der Wünsche nach größeren Familien, die aus Reihen der iranischen Führung und Medienberichten zufolge auch in den Freitagspredigten laut werden, an die dunklen Kriegsjahre Anfang der 80er erinnert fühlen. Damals warb das Regime für Kinderreichtum – neue Kämpfer wurden gebraucht. Im Jahr 1986 lag das Bevölkerungswachstum mit drei Prozent pro Jahr sehr hoch. Nachdem der Konflikt mit dem Irak 1988 beendet war, hieß es plötzlich: "Weniger Kinder, bessere Bildungschancen."
Mit einem Programm zur Geburtenkontrolle, das 1989 eingeführt wurde und Aufklärung sowie frei zugängliche Verhütungsmittel für verheiratete Paare beinhaltete, sank die Geburtenrate von fünf Kindern pro Frau im Jahr 1990 bis 2011 auf 1,7 Kinder. Immerhin 79 Prozent der verheirateten Frauen zwischen 15 und 45 Jahren nutzten laut Weltbank im Jahr 2005 Verhütungsmittel, 16 Jahre zuvor waren es nur 49 Prozent.
Die Kleinfamilie wurde, wie schon zu Zeiten des Schahs, wieder gesellschaftsfähig. Dazu trugen auch die Aussagen der Führung bei, dass Geburtenkontrolle nicht gegen die islamischen Lebensgrundsätze verstoße.

"Eine Blume ist noch kein Frühling"

Bereits im vergangenen Winter allerdings signalisierten große Plakate in den Straßen der Städte, dass diese Phase bald vorbei sein sollte. "Eine Blume ist noch kein Frühling. Mehr Kinder, fröhlicheres Leben", hieß es auf Plakatwände, die an Teherans Straßen zu sehen waren, wie unter anderem Al-Monitor berichtete.
Zu sehen war darauf beispielsweise auf der einen Hälfte ein angestrengt dreinblickender Vater mit einem traurigen Kind auf einem Tandem, auf der anderen Hälfte des Plakats ein glücklicher Vater mit fünf lachenden Kindern auf dem Rad. Die Mutter allerdings fehlt auf dem Bild. Kritiker sprechen davon, dass dies der Tatsache geschuldet sei, dass Fahrrad fahren für Frauen im Iran als unislamisch gebrandmarkt ist.
Mehrere ausländische Medien berichteten im Dezember über eine Welle der Empörung über die Werbeplakate, auf denen die Mutter nicht gezeigt wurde. Die Nachrichtenseite "Radio free Europe" zitiert die iranische Frauenrechtlerin Sena Naseri mit den Worten: "Die Mutter wurde nicht nur von den Bildern verbannt, ihr werden die Freuden des Lebens verwehrt, ihr wird vorenthalten, mit ihrem Mann und ihren Kindern zu picknicken …, denn sie ist damit beschäftigt, Kinder zu kriegen. Sie ist eine Gebärmaschine.

Internet-Filmfest: Sieger kommt aus dem Iran

7. Juli 2014, Stern – Zürich – Ein düsterer Animationsfilm aus dem Iran über die Geschichte einer Hinrichtung hat den ersten Preis beim Viewster Online Film Fest gewonnen. Filmemacher Ali Zare Ghanatnowi erhielt für den 15-minütigen Kurzfilm "Dad's Fragile Doll" 70 000 Dollar (rund 51 000 Euro), teilte der Veranstalter am Montag mit. Unter den Gewinnern von insgesamt 100 000 Dollar Preisgeld war auch ein deutscher Beitrag:

der Kurzfilm "Your Place" der Filmemacherin Sylvia Borges kam auf den dritten Platz (7500 Dollar). Er zeigt eine Kennenlern-Geschichte, in der Mann und Frau ihre Schlüssel austauschen, um allein in der Wohnung des jeweils anderen aufzuwachen. Gekürt hatten die Sieger das Publikum und eine Jury.
Zu dem zum zweiten Mal organisierten Internet-Filmfest wurden rund 1000 professionell produzierte Filmbeiträge aus 70 Ländern eingereicht, etwa 500 durften teilnehmen. "Schon bei der zweiten Edition hatten wir eine halbe Million Besucher und verzeichneten mehrere zehn Millionen Kommentare und Interaktionen von Zuschauern und Kreativen in Social Media Kanälen", sagte Viewster-Vorstandschef Kai Henniges in Zürich. Das Filmfest soll vierteljährlich stattfinden.

Iranische Journalistin zu zwei Jahren Haft verurteilt

ZeitOnline – 7. Juli 2014 – Teheran (AFP) Eine iranische Journalistin ist wegen "Propaganda gegen das Regime" zu zwei Jahren Haft und 50 Peitschenhieben verurteilt worden. Die Kulturjournalistin Marsieh Rasuli, die insbesondere für die beiden Reformzeitungen "Schargh" und "Etemad" arbeitete, wurde zudem "der Störung der öffentlichen Ordnung durch die Teilnahme an Kundgebungen" schuldig befunden, wie sie am Montag selbst auf dem Kurzbotschaftendienst Twitter mitteilte.

Sie muss demnach am Dienstag ihre Haftstrafe im berüchtigten Ewin-Gefängnis im Norden Teherans antreten.

 

UN: Iran soll Hinrichtung von junger Frau aussetzen

26.06.14-DieWelt- Zwangsverheiratete Frau tötete 17-jährig ihren Mann- Die UN-Menschenrechtskommissarin Navi Pillay hat Teheran aufgefordert, die "bevorstehende" Hinrichtung einer jungen Iranerin wegen Ermordung ihres Mannes auszusetzen. In einer Erklärung protestierte Pillay gegen den "unannehmbaren Einsatz der Todesstrafe gegen minderjährige Kriminelle im Iran". Nach UN-Angaben warten dort 160 von ihnen auf ihre Hinrichtung.

In Pillays Erklärung heißt es, die Hinrichtung Minderjähriger sei durch das Völkerrecht – "unabhängig von den Umständen des Verbrechens" – eindeutig verboten. Es verstoße auch gegen entsprechende internationale Verpflichtungen, die der Iran unterzeichnet habe. Im April sei in Isfahan ein weiterer minderjähriger Delinquent wegen Drogenvergehen gehenkt worden. Der 17-jährige Afghane namens Jannat Mir habe weder einen Anwalt gehabt noch Unterstützung vom Konsulat seines Landes bekommen.
2013 wurden der UNO zufolge im Iran mindestens 500 Menschen hingerichtet, größtenteils wegen Rauschgiftkriminalität.
afp.com

Junger Frau im Iran droht die Hinrichtung

20. Juni 2014-RP Online- Teheran. Razieh Ebrahimi war 14 Jahre alt, als sie im Iran zwangsverheiratet wurde. Ein Jahr später wurde sie Mutter. Jetzt droht ihr die Hinrichtung, weil sie ihren Ehemann erschossen hat – im Alter von 17 Jahren. Die Organisation Human Rights Watch protestiert dagegen, weil die Hinrichtung gegen internationales Recht verstoße. Von Dana Schülbe

Razieh Ebrahmi ist jetzt 21 Jahre, ihr Kind sechs Jahre alt. Verhaftet wurde das Mädchen, das in der lokalen Presse auch unter dem Namen "Maryam" bekannt sei, laut der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch vor vier Jahren. Sie hatte ihren Ehemann in den Kopf geschossen, während er schlief. Anschließend vergrub sie ihn im Garten des Hauses.
Laut dem britischen "Guardian" soll sie der Polizei das Verschwinden ihres Mannes gemeldet haben, aber ihr eigener Vater habe den Leichnam im Garten entdeckt und sie der Polizei übergeben. Ein Gericht verurteilte die damals 17-Jährige. Obwohl sie Reue zeigte, droht ihr nun die Hinrichtung. Ebrahimi gab laut Human Rights Watch vor Gericht an, dass sie nach Jahren physischer und psychischer Misshandlung durchgedreht sei.
"Ich habe unserern Nachbarssohn geheiratet, als ich 14 Jahre alt war, und mein Vater darauf bestanden hat", soll das Mädchen in einem Verhör laut der halboffiziellen Nachrichtenagentur Mehr gesagt haben, wie der "Guardian" schreibt. "Mein Vater bestand darauf, dass ich ihn heirate, weil er gebildet war und als Lehrer arbeitete. Ich war 15, als mein Kind geboren wurde." Und dann fügte sie hinzu: "Ich wusste nicht, wer ich bin und was Leben bedeutet. Mein Ehemann misshandelte mich. Er nutzte jeden Vorwand, um mich zu beleidigen und hat mich auch körperlich angegriffen."
Die Menschenrechtsorganisation protestiert gegen die Hinrichtung, fordert, den Fall neu aufzurollen. Denn der Iran habe ein internationales Abkommen unterzeichnet, dass die Hinrichtung von Minderjährigen verbietet. Doch bislang scheint es keine Hoffnung für die junge Frau zu geben. Denn auch die Möglichkeit, dass die Familie ihres Ehemannes ihr verzeiht und sie damit begnadigt, wurde bereits von der Familie abgelehnt.
Offiziell bestreite der Iran Hinrichtungen von Minderjährigen, aber laut Human Rights Watch seien seit 2009 zehn Minderjährige hingerichtet worden. Damit sei der Iran das Land mit der höchsten Zahl mit Hinrichtungen dieser Art.
Auch Shadi Sadr, eine iranische Anwältin, sagte dem "Guardian", dass der Fall Ebrahimi nicht der einzige dieser Art im Iran sei. So sei erst im März die 28-jährige Farzaneh Moradi für den Mord an ihrem Ehemann hingerichtet worden. Sie war 15 Jahre alt, als sie verheiratet wurde, mit 16 wurde sie Mutter, mit 20 ermordete sie ihren Gatten. Frasuen wie Farzaneh oder Ebrahimi, so die Anwältin werden immer wieder unter dem Deckmantel der Ehe vergewaltigt, erleben oftmals ein Leben voller Gewalt und bekommen keinerlei Unterstützung. "Am Ende dieses Kreislaufes töten sie sich entweder selbst oder ihren Ehemann."
 

Iranische Filmemacherin erneut in Haft

7. Juni 2014, Der Standard- Frauenrechtlerin Mahnaz Mohammadi wegen "Gefährdung der nationalen Sicherheit" zu viereinhalb Jahren Gefängnis verurteilt Die iranische Frauenrechtlerin und Regisseurin Mahnaz Mohammadi ist seit Samstag im berüchtigten Gefängnis Evin in Haft. Mohammadi wurde wegen "Gefährdung der nationalen Sicherheit" von oberster Instanz zu einer Gefängnisstrafe von viereinhalb Jahren verurteilt. Der Führungswechsel im Iran hatte Hoffnung im Umkreis Mohammadis genährt, dass das Urteil letztinstanzlich noch aufgehoben werden würde.

Mohammadis Filme ("Travelogue", "Women without Shadows") wurden auf internationalen Filmfestivals gezeigt. Bei der Filmvorführung 2011 in Cannes von "Ephemeral Marriage", in dem sie die Hauptrolle spielte, konnte Mohammadi nicht anwesend sein, da ihr Pass vom iranischen Regime konfisziert worden war.
Sorge um Gesundheit
Es ist nicht zum ersten Mal, dass Mohammadi aufgrund ihrer politischen und künstlerischen Aktivitäten verhaftet wurde. Zuletzt passierte dies 2011. Nach ihrer Freilassung aufgrund von internationalem Druck blieb Mahnaz Mohammadi unter staatlicher Beobachtung durch den Geheimdienst, ihr Pass wurde vom Gericht einbehalten und das 2009 verhängte Berufsverbot blieb weiterhin aufrecht. Ihre Gesundheit ist seit ihrer letzten Inhaftierung weiterhin stark angeschlagen. Auch jetzt wird befürchtet, dass ihr im Gefängnis die medizinische Behandlung verweigert wird. (red, derStandard.at, 7.6.2014)


Free Mahnaz Mohammadi


Standard-Interview mit Mohammadi:  "Repressalien habe ich immer zu befürchten. Das ist mir egal"

Menschenrechtsfrage wird Teil der öffentlichen Diplomatie

dpa/Abedin Taherkenareh – 03-06-2014 – In seinem jüngsten Bericht vom März verweist der Sonderberichterstatter darauf, dass Iran eigentlich die notwendigen Instrumente besitze, seinen völkerrechtlichen Verpflichtungen zum Menschenrechtsschutz nachzukommen. So habe Teheran sowohl den Internationalen Pakt über die bürgerlichen und politischen Rechte als auch den Internationalen Pakt über die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte unterzeichnet.

Beiden Pakten war Iran allerdings bereits im Jahr 1975 beigetreten, also noch unter dem Schah, der für seine negative Menschenrechtsbilanz ebenfalls kritisiert worden war.
Menschenrechtsdialog findet auf Augenhöhe statt
Seitdem hat sich die Menschenrechtspolitik in den letzten 40 Jahren jedoch erheblich weiter entwickelt und ausdifferenziert. Insbesondere ein Instrument wie der Menschenrechtsdialog bietet heute die Chance, die Gefahr doppelter Standards zu minimieren, d.h. Menschenrechte nicht umso stärker zu thematisieren, je angespannter das Verhältnis zu einem Land ist. Der Menschenrechtsdialog findet, anders als die Sanktionspolitik, stärker auf Augenhöhe statt und hat das Potential, die Beziehungen zwischen beiden Seiten zu stärken.
Diesen Vorteil hat auch der Iran realisiert und entsprechende Dialoge in den vergangenen 20 Jahren nicht nur multilateral mit der EU, sondern auch bilateral mit verschiedenen Ländern wie Deutschland, Japan und der Schweiz entwickelt. Durch diese Dialoge wurde die iranische Menschenrechtsfrage auf offizieller Ebene immer stärker aus dem Bereich der stillen Diplomatie in den Bereich der öffentlichen Diplomatie geholt. Doch hat sich durch diese Menschenrechtsdialoge wirklich etwas zum Positiven verändert? Diese Frage ist – angesichts der heutigen Menschenrechtslage im Iran – schwer zu beantworten.
Atom-Abkommen stärkt die moderaten Kräfte
Selbst bei einem öffentlich sichtbaren diplomatischen Instrument wie dem Menschenrechtsdialog sind Erfolge und Misserfolge kaum objektiv messbar. In den seltensten Fällen, etwa bei besonders prominenten Dissidenten, wird die Freilassung eines politischen Gefangenen in einen unmittelbaren Zusammenhang mit einem Menschenrechtsinstrument der öffentlichen oder stillen Diplomatie gebracht werden können. Gleichwohl sollte dieses Instrument auch in den europäisch-iranischen und deutsch-iranischen Beziehungen wieder etabliert werden.
Wenn in der Atomfrage ein Abkommen mit dem Iran abgeschlossen werden wird, dann spricht vieles dafür, dass dies die moderaten Kräfte im Iran stärken wird. In dieser Situation wäre ein neuer Menschenrechtsdialog der richtige Schritt, um auch in der Menschenrechtsfrage eine Verbesserung der Beziehungen mit dem Iran für die Verbesserung der Lage der Menschen im Iran zu nutzen.
Über den Experten

Dr. Oliver Ernst arbeitet als Nahost-Referent der Konrad-Adenauer-Stiftung in Berlin. Seit 2010 organisiert der über die deutsche Menschenrechtspolitik gegenüber der Türkei promovierte Politikwissenschaftler in Weimar den kulturell-politischen deutsch-iranischen Hafis-Dialog. Zuletzt publizierte Ernst den Iran-Reader 2014.

Iran: 25 Jahre nach dem Tod Khomeinis

Deutschlandfunk -03-06-2014 –  Von Reinhard Baumgarten:  Ayatollah Ruhollah Musavi Khomeini war ein Leben lang Oppositioneller, mit 76 gelang ihm der Umsturz: Ein breites Bündnis unter seiner Führung entriss Schah Reza Pahlevi die Macht in Persien. Die Hoffnung auf eine bessere Zukunft erfüllte sich für viele im Iran allerdings nicht.

Iran Ende der 70er Jahre. Ein Land im Umbruch. Ein Volk in Aufruhr gegen einen autokratischen Herrscher. Schah Mohammed Reza Pahlevi will den Iran zur modernen Führungsmacht im Nahen Osten machen. Einsam trifft der Monarch Entscheidungen. Wer widerspricht, wird verdammt, verfolgt, verurteilt. Die Unterdrückung wird zum Nährboden einer wachsenden Liebe des iranischen Volkes – der Freiheitsliebe. Ende 1978 ist der Iran reif für die Revolution. Liberale, Linke, Bürgerliche, Konservative – alle hat der Schah mithilfe seines brutalen Geheimdienstes Savak gegen sich aufgebracht.
"Ob wir es mögen oder nicht, die Kleriker haben die Revolution angeführt. An der Spitze der Kleriker war ein 76-jähriger Ayatollah."
Sadegh Zibakalam ist heute Politikwissenschaftler an der Universität Teheran. Damals saß er im berüchtigten Evin-Gefängnis. Er war jung, gläubig, radikal. Er wurde erniedrigt und gefoltert. Denn er glaubte an eine gerechte Ordnung auf der Grundlage islamischer Normen. Und er glaubte an den 76-jährigen Ayatollah.
"Die Menschen haben den Schah abgelehnt, weil sie Pressefreiheit wollten und die Herrschaft der Gesetze. Sie wollten Gleichheit zwischen Mann und Frau, Rechenschaftspflicht, freie Wahlen, eine freie Presse. Sie wollten die Gefängnisse einreißen. Sie wollten ein Land ohne politische Gefangene und mit Meinungsfreiheit. Das waren die Gründe für die Revolution."

Jahrzehnte in der Opposition
Ruhollah Musavi Khomeini wird 1902 in der Kleinstadt Khomein als Sohn eines Klerikers geboren. Mit 16 beginnt er eine Ausbildung zum Geistlichen. Mit 34 wird er Ayatollah. Früh schon geht Khomeini auf Konfrontationskurs zum herrschenden Schah-Regime, dem er jegliche Legitimität abspricht. Er will einen islamischen Staat nach seinen Vorstellungen, nach seinem religiösen Verständnis. 1963 ruft er in der Predigerstadt Ghom zum Aufstand auf. Khomeini wird verhaftet, zum Tode verurteilt, begnadigt und in die Türkei abgeschoben. Von dort darf er in die irakische Stadt Nadschaf gehen und wieder als Geistlicher wirken. Von dort opponiert er weiter gegen die Herrschaft in Teheran.

1978 erzwingt der Schah die Abschiebung Khomeinis nach Frankreich und ermöglicht ihm damit den Kontakt zur Weltpresse. Der Ayatollah wird binnen Monaten zur Leitfigur der revolutionären Bewegung im Iran.
"Ayatollah Khomeini war praktisch der Führer der gesamten Opposition. Er war ein nationaler Führer: für die Religiösen, für die Marxisten, die von seinen antiimperialistischen Einstellungen angezogen wurden, für Säkulare und Liberale, wegen seiner antidiktatorischen Haltung gegen den Schah."
Khomeini sei sehr ehrlich gewesen, er habe seine Ansichten nie verschleiert, urteilt Shahla Lahiji.

Die 72-Jährige gründet 1985 als erste Verlegerin Irans den renommierten Roshangarān-Verlag, den sie bis heute leitet.
"Er hat in seinen Büchern immer deutlich geschrieben, woran er glaubte. Es waren unsere Intellektuellen, die es nicht wahrhaben wollten. Sie bildeten sich ein, die Geistlichkeit werde von ihren Zielen abrücken, das moderne Justizwesen abschaffen und die Frauenrechte einschränken. Khomeini hatte aber in all seinen Reden genau darauf immer wieder hingewiesen."

Ayatollah Khomeini gibt kurz nach seiner Rückkehr in den Iran 1979 in Teheran eine Pressekonferenz. (AP Archiv)Am 1. Februar 1979 hebt um 1.15 Uhr in Paris eine Boeing 747 Richtung Teheran ab. An Bord sind Ayatollah Khomeini, 50 Vertraute des Geistlichen sowie 150 Journalisten der Weltpresse.

Für den Iran mit seiner mehr als 2.500-jährigen Kultur beginnt mit der Landung Khomeinis in Teheran eine neue Zeit, eine neue Ordnung, eine neue Geschichte.

Wohin wird Khomeini das Land führen, und was wird aus der ersehnten Freiheit, fragen sich unzählige Iraner an jenem 1. Februar 1979.

 

Eine erste Antwort gibt der 76-jährige Ayatollah wenige Stunden nach seiner Landung. Auf dem Friedhof Beheshte Zahra im Süden Teherans greift er die letzte noch vom Schah ernannte Regierung an.
"Ich schlage dieser Regierung ins Gesicht.

 

Ich bestimme, wer regiert. Mit der Unterstützung des Volkes bestimme ich, wer die Regierung bildet. Mit der Zustimmung des Volkes bestimme ich!"
Nach dieser Rede hält sich Regierungschef Shapour Bahtiar nur noch wenige Tage. Khomeini beauftragt Mehdi Bāzargān mit den Regierungsgeschäften. Kurz darauf bringt die neue Führung des Landes die erste Verhaftungswelle ins Rollen. Führende Militärs, Geheimdienstler und Politiker werden festgenommen und hingerichtet. Viele Verhaftungen und Hinrichtungen von tatsächlichen und vermeintlichen Gegnern der am 1. April 1979 ausgerufenen Islamischen Republik Iran werden folgen.
Neue Herrschaft
Kritik an der rigiden Regierungspolitik wird nicht nur im Ausland laut. Hunderttausende Frauen gehen Anfang März '79 auf die Straße, um für gleiche Rechte und gegen den Kopftuchzwang zu protestieren. Shahla Lahiji war dabei.
"Am 8. März – also kurz nach der Revolution – als die Frauen demonstrierten, wurde die Parole gegen sie ausgegeben "Yā rusari yā tusari – Kopftuch oder Kopfnuss".

Die Linken haben sich damals komplett rausgehalten. Irgendwie sympathisierten sie mit den Fanatikern auf der Straße, oder sie weigerten sich eben, die Frauen zu unterstützen. Das führte zur Niederschlagung der Frauenbewegung."
Die neuen Herrscher unter der Führung von Ayatollah Khomeini sichern sich Schritt für Schritt die Macht. Der anhaltende Streit, die bittere Konkurrenz und grassierende Missgunst unter den nicht-klerikalen Anti-Schah-Gruppen kommt ihnen dabei entscheidend zu Hilfe.

Die Geistlichen um ihren Führer Khomeini hingegen sind sich weitgehend einig und übernehmen die Kontrolle im allmächtigen Revolutionsrat. Mittels der neugegründeten Islamisch-Republikanischen Partei setzt Khomeini gegen den erbitterten Widerstand von Teilen der schiitischen Geistlichkeit das Regierungsprinzip des Velāyate Faqih durch – der Statthalterschaft des Rechtsgelehrten.

Dieses von Ayatollah Khomeini ausformulierte Prinzip schreibt die absolute Führerschaft der islamischen Geistlichkeit in Fragen des Militärs, der Justiz, der Gesetzgebung, der Regierung und der Medien vor. Erster Mann im Staate mit nahezu uneingeschränkter Macht wird Ayatollah Khomeini. Am 4. November '79 – neun Monate nach dem Umsturz – gibt es ein Ereignis, das über Jahrzehnte die ideologische und politischen Ausrichtung der Islamischen Republik bestimmen wird: den systematisch gepflegten Anti-Amerikanismus. An diesem 4. November stürmen gut 400 radikale Studenten die US-Botschaft in Teheran und nehmen mehrere Dutzend US-Diplomaten in Geiselhaft. Sie wird 444 Tage dauern.

Die Revolution sei an diesem Tag gekapert worden, urteilt der Politikwissenschaftler Sadegh Zibakalam.

Die Werte der Revolution seien ersetzt worden durch einen radikalen Anti-Amerikanismus.
"Davor hat jeder von Meinungsfreiheit gesprochen, von Freiheit der Ideen. Aber nachdem das gekapert worden war, sprach jeder darüber, wie unterdrückte Menschen auf der ganzen Welt vertei¬digt werden könnten, wie wir die Revolution exportieren sollen und den Weltkapitalismus herausfordern können."
Seit 1953 gibt es im Iran einen Groll auf die USA. Damals inszenierten US-Agenten einen Staatsstreich gegen den demokratisch gewählten Regierungschef Mohammed Mossadegh. Washington verhilft Schah Mohammed Reza Pahlavi zurück an die Macht.

Der Iran wird zum engsten Verbündeten der USA. Zehntausende amerikanischer Techniker, Militär- und Sicherheitsberater helfen dem Iran, zur stärksten Regionalmacht im Nahen Osten zu werden. Und, so der Vorwurf vieler Menschen, die damals gegen den Schah sind, sie helfen dem Regime bei der Unterdrückung des iranischen Volkes.

Die Erstürmung der US-Botschaft kommt deshalb nicht überraschend.
"Wir wissen genau, dass Ayatollah Khomeini das nicht ins Werk gesetzt hat. Das war eine Strömung, die um einiges stärker war als Ayatollah Khomeini.

Weniger als ein Monat nach der Revolution sagte er, ich möchte nach Ghom gehen. Regierungschef Bazargan und Außenminister Yazdi waren dagegen. Alle waren dagegen. Nicht weil sie Ayatollah Khomeini liebten und ihn in Teheran haben wollten, sondern weil es Organisationen, Gruppen und Personen gab, die der Zentralregierung nicht gehorchen würden."
Der Antiamerikanismus schweißt zusammen
Khomeini kehrt nach gut drei Monaten von Ghom in die Hauptstadt zurück. Der Iran droht damals in einen offenen Bürgerkrieg abzugleiten. Linke Aktivisten und Freischärler versuchen in vielen Teilen des Landes, das Volk gegen die Herrschenden aufzubringen. Separatisten in Kurdistan, Belutschistan und Khuzistan begehren gegen die Zentralregierung auf.

Täglich ereignen sich Scharmützel, Bombenanschläge und Überfälle. Der Sturm auf die US-Botschaft bietet dem Revolutionsführer die Gelegenheit, mehrere Fliegen mit einer Klappe zu schlagen.
"Als er in die antiamerikanische Richtung ging, folgten ihm der Klerus, die Studenten, all seine Anhänger. Das ganze Land wurde auf den Kopf gestellt und wurde antiamerikanisch."
Es gibt eine neue Verhaftungswelle, Hinrichtungen, Säuberungen. Die Revolution nimmt einen unvorhergesehenen Verlauf.

Auch Ayatollah Khomeini wird von der Dynamik der Entwicklung überrascht. Der von der iranischen Führung nach der Botschaftsbesetzung mit Verve vertretene Anti-Amerikanismus wird zum identitätsstiftenden Faktor.
"Irgendwie wurde Anti-Amerikanismus, Anti-West, Anti-Europa usw. zur wichtigsten Leitidee der islamischen Revolution. Wenn du nichts über die iranische Vergangenheit gewusst hättest und wenn du erst nach der Besetzung der amerikanischen Botschaft gekommen wärst, dann hättest du geglaubt, die Iraner hätten sich gegen den Schah erhoben wegen des Anti-Amerikanismus. Du hättest nicht geglaubt, dass diese Leute gegen den Schah rebelliert haben, weil das Schah-Regime ein Polizei-Staat war."

Antiamerikanismus hielt das Land zusammen – heute gibt es, vor allem für die Jugend, wichtigere Themen. (picture alliance / dpa / epa Taherkenareh)
Antiamerikanismus hielt das Land zusammen - heute gibt es, vor allem für die Jugend, wichtigere Themen. (picture alliance / dpa / epa Taherkenareh)Teheran hofft, durch die massive Konfrontationspolitik gegenüber Washington bei den Bevölkerungen der arabischen Nachbarstaaten zu punkten und mit der eigenen Revolution die Blaupause für Erhebungen in anderen muslimischen Staaten geliefert zu haben.
"Die iranischen Führer brauchen den Anti-Amerikanismus, um für sich selbst eine historische Verpflichtung und Legitimität zu schaffen. Das nenne ich Hijacking."
Der anti-amerikanische Furor hat sich in weiten Teilen der iranischen Bevölkerung im Laufe der vergangenen 35 Jahre deutlich beruhigt.

Marg bar Āmrika – Tod für Amerika – ist nur noch selten zu hören.

Zu eng sind die Kontakte und verwandtschaftlichen Verbindungen zwischen Teilen der iranischen Bevölkerung und den USA.

Rund drei Millionen Menschen iranischer Herkunft haben nach der Revolution ihr Land in Richtung USA verlassen. Für die Führung des Landes ist die Feindschaft mit dem Shaitāne bozorg – dem Großen Satan – aber nach wie vor wichtig.
"Feind USA"
Das Volk müsse den taktlosen Äußerungen amerikanischer Politiker gut zuhören und sie genau beobachten, beschwört Ayatollah Ali Khamenei. Er ist vor 25 Jahren zum Nachfolger von Ayatollah Khomeini gewählt worden.
"Das Volk muss den Feind erkennen. Manche wollen das Volk von der Feindseligkeit dieses Feindes ablenken. Nein, schaut genau hin. Dann seht ihr den Feind und seine Doppelzüngigkeit."
Derlei Worte spielten heute gerade für junge Iraner eine immer geringere Rolle, urteilt der Politikwissenschaftler Sadegh Zibakalam.

Er war ein Aktivist der ersten Stunde. Er hat einmal an die hehren Ziele der Revolution von 1979 geglaubt.
"Ich habe drei Töchter. Die zwei jüngsten fragen mich immer: Papa, was hast du dir gedacht, als ihr damals diese Revolution gemacht habt? Sie sagen nicht, unsere Revolution, sie sagen, eure Revolution. Mit anderen Worten, meine Töchter sagen, sorry, aber wir sind nicht Teil dieser Revolution, die ihr vor 35 Jahren gemacht habt. So ist das mehr oder weniger in jeder Familie."
Braindrain und Drogen
Viele iranischen Studenten, Künstler, Wissenschaftler und Ingenieure träumen davon, in den USA oder in Europa lernen, leben und arbeiten zu können. Der 21-jährige Ārash studiert in Teheran Maschinenbau.
"Für mein Aufbaustudium möchte ich ins Ausland gehen, wo's kulturell und sozial besser ist als hier im Iran – die Art und Weise, wie die Leute denken, die Qualität der Universitäten und auch der Wohlstand sind wichtig. Das vermissen wir hier im Iran."
Die Islamische Republik Iran hat eine der höchsten Akademiker-Raten aller Länder im Nahen Osten. Gleichzeitig hat der Iran laut einer Studie des Internationalen Währungsfonds IWF die höchste Abwanderungsrate gut ausgebildeter junger Menschen unter 91 als Entwicklungsländer geführten Staaten. Der sogenannte Braindrain – oder Wissensabfluss – ist zu einem ernsthaften Problem für die iranische Gesellschaft und Wirtschaft geworden. Reza Faraji Dana, Minister für Forschung und Technologie, nannte kürzlich die Zahl von jährlich 150.000 gut ausgebildeten jungen Iranern, die ihrem Heimatland den Rücken kehren.

Als einer der Hauptgründe für die anhaltende Auswanderung gut ausgebildeter Iraner nennt die IWF-Studie die hohe Arbeitslosigkeit unter jungen Leuten. Sie liegt inoffiziellen Zahlen zufolge bei rund 25 Prozent. Tendenz steigend. Iran 35 Jahre nach der Revolution, 25 Jahre nach dem Tod von Revolutionsführer Ayatollah Khomeini – wohin steuert das Land, was ist aus dem Nachlass Khomeinis geworden? Misswirtschaft, internationale Sanktionen, Korruption, Vetternwirtschaft sowie die Abwanderung von Wissen und Kapital haben das Land in eine schwere Wirtschaftskrise geführt. Die Inflation liegt bei gut 40 Prozent; die Arbeitslosigkeit steigt; das Geld verliert rasch an Kaufkraft; die wirtschaftliche Produktivität sinkt. Gleichzeitig nehmen die sozialen Probleme des Landes zu. Präsident Rohani, seit August vergangenen Jahres im Amt, warnt:
"In unserer heutigen Gesellschaft sind die sozialen Probleme die eigentlichen Gefahren: von Armut über Prostitution bis hin zum allgemeinen Misstrauen in der Gesellschaft und der Korruption in der Wirtschaft."
Offiziellen Statistiken zufolge wurden 2011 rund 500 Tonnen Drogen beschlagnahmt, gab es mehr als 4.000 Drogentote, wurden 26.000 Menschen wegen Drogendelikten festgenommen und etwa 300 hingerichtet. Offiziell ist die Rede von rund zwei Millionen Drogenabhängigen. Inoffiziell sprechen Experten von bis zu acht Millionen Drogenkonsumenten im Iran.

Der neue Präsident spricht von Mäßigung und Versöhnung, von gesellschaftlichem Ausgleich und wirtschaftlichem Aufschwung. Viele Taten konnte der 65-jährige Geistliche bislang seinen Worten nicht folgen lassen. Zu groß ist der Widerstand etablierter einflussreicher Gruppen, die große Vorteile aus der derzeitigen isolierten Lage Irans ziehen.

Bei seinem Amtseid wandte sich Hassan Rohani Hilfe suchend an seinen Schöpfer, damit er nicht wie andere Präsidenten vor ihm am Widerstand ewig gestriger Krisengewinnler scheitert.